Leitsatz

1. Die baulichen Anforderungen an den Schallschutz richten sich beim Altbau nach dem Standard, der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes maßgeblich war.

2. Der Mieter von Altbauräumen kann lediglich erwarten, dass die Geräuschimmissionen das nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwartbare Maß nicht überschreiten. Er hat es hinzunehmen, dass in der Nachbarwohnung musiziert wird und dass dort Kinder springen oder trappeln.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB §§ 535 Abs. 1, 536

 

Kommentar

Die Entscheidung betrifft einen repräsentativen Altbau (Jugendstil) in Leipzig, der in den Jahren 1995 bis 1997 saniert wurde. Die Räume im Erdgeschoss und im Hochparterre sind im Jahr 1997 an eine Rechtsanwaltskanzlei vermietet worden. In den darüber liegenden Stockwerken befinden sich Wohnungen, die zum Teil vermietet sind und zum Teil leer stehen.

Ende 2007 wurde die über der Rechtsanwaltskanzlei liegende Wohnung an eine Familie mit drei Kindern vermietet. Seit dieser Zeit klagen die Mieter der Kanzlei über Lärmbelästigungen (Stapf-, Hüpf-, Roll-, Scharr- und Poltergeräusche sowie laute Musik). Nach Ansicht der Kanzleimieter kommen für die Störungen zwei Ursachen in Betracht, nämlich entweder eine unzureichende Trittschalldämmung oder ein nicht adäquates Verhalten der Wohnungsmieter.

Die Mieter der Kanzlei nehmen den Vermieter auf Beseitigung der Lärmstörungen in Anspruch. Dieser soll dafür sorgen, dass die Lärmemissionen aus der Wohnung einen Wert von 53 dB nicht überschreiten.

1. Schallschutzanforderungen im Altbau

Die Klage hatte keinen Erfolg: Die Anforderungen an den Schutz gegen Luft- und Trittschallübertragung zwischen fremden Wohn- und Arbeitsräumen ergeben sich aus der DIN 4109. Hinsichtlich der Trittschallübertragung sieht diese Regelung einen Grenzwert von L´n,w ≪ 53 dB vor. Allerdings ist die Regelung erst seit November 1989 in Kraft. Für Gebäude, die vor diesem Zeitpunkt errichtet worden sind, gelten diese Werte nicht. Anders kann es sein, wenn ein Altbau nach 1989 saniert worden ist und die Sanierung auch den Schallschutz umfasst (z. B. bei einer Entkernung). Einen solchen Fall hat das Gericht aber nicht festgestellt. Es verbleibt deshalb bei dem allgemeinen Grundsatz, dass sich die baulichen Anforderungen an den Schallschutz nach dem Standard richten, der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes maßgeblich war (so bereits BGH, Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 355/03; s. a. die Aktuelle Information "Wohnungsbeschaffenheit und DIN-Normen").

2. Geräuschimmissionen durch Mitmieter

Zu dem behaupteten nicht adäquaten Verhalten der Wohnungsmieter führt das Gericht aus, der Mieter von Altbauräumen könne lediglich erwarten, dass die Geräuschimmissionen "das nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwartbare Maß" nicht überschreiten. Hierüber hat das Gericht Beweis erhoben. Es hat festgestellt, dass die beschriebenen Geräusche in der Kanzlei wahrnehmbar sind und dass die Kanzleimieter und deren Mitarbeiter hierdurch gestört werden. Andererseits entspreche es der Üblichkeit, dass in einer Wohnung musiziert wird und dass dort Kinder "springen oder trappeln". Dies sei auch dann hinzunehmen, wenn dies mit Begleiterscheinungen wie "das Schwanken von Lampen und das Klappern von Türen" verbunden ist. Nach Ansicht des Gerichts ist der Wohnungsmieter auch nicht verpflichtet, einen Parkettboden mit einem Teppich zu belegen, um die Störgeräusche zu mindern.

 

Link zur Entscheidung

OLG Dresden, Urteil vom 10.02.2009, 5 U 1336/08, OLGR Dresden 2009, 318 m. Anm. Theesfeld, jurisPR-MietR 13/2009 Anm. 1

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