Achtung Rebound-Effekt! Nach dem Sanieren Heizkosten sparen
Stellt sich nach einer energetischen Sanierung die Kosteneinsparung beim Heizen nicht wie gewünscht ein, sind Hauseigentümer, Vermieter und Mieter oft enttäuscht. Grund ist meist ein nach Modernisierung verändertes Heizverhalten. Darauf weist das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau hin: Wurde vor der Sanierung oft sparsam geheizt, sei das nach der Sanierung häufig nicht mehr so konsequent der Fall – also sinke der Heizenergieverbrauch weniger stark als angenommen. Gegen den sogenannten Rebound-Effekt hilft demnach bewusstes Heizverhalten.
Direkter und indirekter Rebound-Effekt
Wer nach der energetischen Sanierung die Räume stärker erwärmt als vorher, nutzt den Experten zufolge das Einsparpotenzial von Dämmmaßnahmen, neuen Fenstern und einer modernen Heizung nicht aus (direkter Rebound-Effekt) – oder: Wer bei der energetischen Sanierung beispielsweise das Badezimmer saniert und eine größere Badewanne einbaut, wird mehr Warmwasser verbrauchen und die Energiekosten steigen (indirekter Rebound-Effekt).
Sparsames Heizen: Das "A und O" nach energetischen Sanierungen
In vielen Wohngebäuden hierzulande besteht ein erheblicher energetischer Sanierungsbedarf: Alte, ineffiziente Heizungen, schlecht gedämmte Dächer, Keller oder Fassaden oder undichte Fenster sorgen für einen enormen Energieverbrauch, oft 150 bis 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, rechnet Zukunft Altbau vor. Das ist bis zu viermal mehr als bei einem klimafreundlichen Standard und entsprechend teuer – trotz Energiepreisbremse.
Heizkosten: bis zu 2.700 Euro pro Jahr
Wer zum Beispiel in einer Wohnung mit 100 Quadratmetern 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr verbraucht und mit Gas heizt, muss den Fachleuten zufolge bei den aktuellen Rahmenbedingungen mit Heizkosten von jährlich rund 2.700 Euro rechnen – rund 1.300 Euro mehr als vor der Energiekrise.
In einem unsanierten Gebäude wird laut dem Bericht in der Regel entsprechend sparsam geheizt, denn pro Grad steige der Energieverbrauch um sechs Prozent. "Meist werden daher nur die Räume erwärmt, in denen man sich länger aufhält, etwa das Wohnzimmer oder die Küche", erklärt Frank Hettler von Zukunft Altbau. So könnten die Energiekosten "einigermaßen im Griff" gehalten werden.
Nach einer energetischen Sanierung sinkt den Angaben nach der Energiebedarf des Gebäudes um bis zu 80 Prozent – abhängig vom Ausgangsniveau. Die Energiekosten verringern sich aber nur, wenn das Heizverhalten von vor der Sanierung grundsätzlich beibehalten wird.
Heizkosten: Sparpotenzial nicht "verschenken"
Wer eine gedämmte Fassade und Wärmeschutzfenster hat, sei oft weniger sparsam als vorher, beobachtet Zukunft Altbau – dann werde das Wohnzimmer stärker geheizt, etwa von 20 auf 22 Grad, und auch Räume, die vor der Sanierung weniger genutzt und geheizt wurden, sind nun warm.
Die Heizkosten sinken in Folge um zehn bis 30 Prozent weniger als prognostiziert, berufen sich die Heizexperten auf das Umweltbundesamt. Wichtig sei es daher, sich den Rebound-Effekt bewusst zu machen und genauso sparsam zu heizen und Strom zu verbrauchen wie vorher. Hettler rät dazu, intensiv genutzte Räume auf maximal 20 Grad zu beheizen – und Aufenthaltsräume, wie etwa Wohn-, Kinder- und Arbeitszimmer, sollten eine maximale Temperatur von 19 bis 20 Grad Celsius haben.
In einem sanierten Haus fühlt sich auch eine niedrigere Raumtemperatur wärmer an als im zugigen Altbau. Das liegt an der gefühlten Temperatur. Sie setzt sich etwa hälftig aus den Temperaturen der Raumluft und den umgebenden Oberflächen zusammen. Wo vor der Sanierung bei 23 Grad Raumtemperatur und 15 Grad Oberflächentemperatur im Wohnzimmer gefühlte 19 Grad herrschten, sorgen nach der Sanierung 20 Grad Raumtemperatur und durchschnittlich 18 Grad an den Oberflächen für Behaglichkeit, heißt es bei Zukunft Altbau.
Die Heizungsanlage könne außerdem so eingestellt werden, dass die Temperatur nachts abgesenkt und morgens wieder hochgefahren wird. Hier sei der Einspareffekt bei gut gedämmten Gebäuden allerdings deutlich geringer, da sie einen geringen Wärmeverlust aufweisen.
Forschungsprojekt "KOSMA": Warum Rebound-Effekt?
Warum sich mit steigender Energieeffizienz das Nutzerverhalten ändert und das angestrebte Ziel konterkariert – damit hat sich das Forschungsprojekt KOSMA (Komponenten der Entstehung und Stabilität von Rebound-Effekten und Maßnahmen für deren Eindämmung) der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte I Wohnstadt (NHW) und des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) Darmstadt auseinandergesetzt. Das Projekt startete im Oktober 2018 und war bis Ende 2022 in Bearbeitung.
Um die indirekten Rebound-Effekte unter die Lupe zu nehmen, gab es zunächst eine Mieterbefragung im NHW-Bestand zum Thema: Wärmenutzungsverhalten und dessen (psychologische) Einflussgrößen im Vergleich unterschiedlicher Nutzertypen. Auf dieser Basis entwickelte das Team konkrete Vorschläge für Maßnahmen, die für die Optimierung von Tools und Bilanzierungsverfahren oder Kampagnen zum Klimaschutz genutzt werden können.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Partner sind das Ecolog-Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung und das Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung ISI. Ein Praxisrat mit Akteuren aus der Wohnungswirtschaft, aus Umwelt-, Mieter- und Verbraucherverbänden sowie sozialen Trägern und Bundesbehörden stand beratend zur Seite.
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