David Elischer, Dr. Magdalena Pfeiffer
Rz. 125
Mit dem Tod des Erblassers entsteht für den oder die Erben das Erbrecht, also das Recht auf den Nachlass oder Teilen hiervon (§ 1479 ZGB). Der Erwerb wird nach § 1670 ZGB vom Nachlassgericht bescheinigt. Bei gesetzlicher Erbfolge geht der Nachlass unmittelbar mit dem Tod des Erblassers auf den oder die Erben über. Dies gilt auch bei gewillkürter Erbfolge, es sei denn, der Erblasser hat eine Bedingung oder Befristung angeordnet. Dann erfolgt der Erwerb erst bei Eintritt der Bedingung. Die Bescheinigung des Gerichts ist wie bisher deklaratorisch.
Rz. 126
Das Gericht bestimmt nach Eröffnung des Nachlassverfahrens eine Frist zur Geltendmachung des Erbrechts. Die Frist ist rein verfahrensrechtlicher Natur. Erben, die sich nicht melden, werden am Nachlassverfahren nicht beteiligt. Ihr etwaiges Erbrecht bleibt unberührt. Für unbekannte Erben oder für Erben unbekannten Aufenthalts wird ein Pfleger bestellt. Dieser ist jedoch nicht berechtigt, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen (§ 1671 Abs. 2 ZGB).
Rz. 127
Jeder Erbe kann nach dem Tod des Erblassers die Erbschaft ausschlagen, es sei denn, dass die Ausschlagung durch einen Erbvertrag ausgeschlossen worden ist (§ 1485 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZGB). Die Ausschlagung muss durch mündliche Erklärung vor dem Nachlassgericht oder durch schriftliche, dem Gericht eingesandte Erklärung erfolgen (§ 1487 Abs. 1 S. 1 ZGB). Vertretung ist zulässig. Die Vollmacht muss das Recht zur Ausschlagung ausdrücklich umfassen (§ 1485 Abs. 2 ZGB). Eine Beglaubigung der Unterschrift schreibt das Gesetz nicht vor. Die Ausschlagung kann nicht unter einem Vorbehalt oder unter einer Bedingung erklärt werden. Ebenso wenig kann sie sich nur auf Teile des Nachlasses beziehen (§ 1489 Abs. 1 ZBG). Ist der Erbe teils durch Verfügung von Todes wegen und teils kraft Gesetzes als Erbe berufen, so kann er nicht lediglich die Erbschaft kraft Gesetzes ausschlagen und umgekehrt. Die Ausschlagung umfasst stets das ganze Erbrecht eines Erben, egal aus welchem Rechtsgrund er erben würde. Gehört der Erbe zu den pflichtteilsberechtigten Personen, kann er sich bei der Ausschlagung aber vorbehalten, dass diese nicht seinen Pflichtteil umfasst (§ 1485 Abs. 1 S. 2 ZGB). Bei einem solchen ausdrücklichen Vorbehalt bleibt der Pflichtteil daher unberührt. Gesetzliche Vertreter Minderjähriger bedürfen zur Wirksamkeit der Ausschlagung (aber auch der Annahme) der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, es sei denn es einen nicht unerheblichen Teil seines Vermögens darstellt (§ 898 Abs. 2 ZGB). Das Recht zur Ausschlagung ist vererblich. Die Ausschlagung ist ausgeschlossen, wenn der Erbe durch sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er die Erbschaft nicht ausschlagen will (§ 1489 Abs. 2 S. 1 ZGB).
Rz. 128
Die Ausschlagung kann der Erbe innerhalb eines Monats erklären. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Erbe vom Nachlassgericht über die Möglichkeit der Ausschlagung und deren Rechtsfolgen benachrichtigt worden ist (§ 1487 Abs. 1 S. 2 ZGB). Hat der Erbe seinen Wohnsitz im Ausland, beträgt die Frist drei Monate. Aus wichtigen Gründen kann das Gericht die Frist jeweils angemessen verlängern (§ 1487 Abs. 2 S. 3 ZGB). Ein wichtiger Grund kann z.B. vorliegen, wenn der Erbe schwer krank ist. Ob Unklarheiten und Ermittlungen über den Umfang des Nachlasses und der Verbindlichkeiten als wichtiger Grund gelten, ist umstritten. Auch auf Antrag des Erben kann die Frist aus wichtigem Grunde vor ihrem Ablauf verlängert werden. Bei der Frist handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist. Mit ihrem Ablauf erlischt das Ausschlagungsrecht (§ 1487 Abs. 2 ZGB). Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Versäumung ist daher nicht möglich. Die Erteilung einer etwa erforderlichen Genehmigung muss nicht innerhalb der Frist erfolgen; entscheidend ist die fristgerechte Erklärung des Erben oder seines Vertreters.
Rz. 129
Die Erklärung der Ausschlagung ist unwiderruflich. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe die Erbschaft ausdrücklich angenommen hat (§ 1489 Abs. 2 S. 2 ZGB). Ist zu der Erklärung eine gerichtliche Genehmigung, z.B. durch das Vormundschaftsgericht, erforderlich, kann die Erklärung bis zu deren Erteilung widerrufen werden.