David Elischer, Dr. Magdalena Pfeiffer
Rz. 148
Sobald feststeht, dass der Erblasser nicht nur geringfügigen Nachlass hinterlassen hat, geht das Verfahren unmittelbar in das Hauptverfahren über. Die Ergebnisse des Vorverfahrens werden durch Anforderung der noch erforderlichen Unterlagen überprüft sowie alle Aktiva und Passiva zusammengestellt. Die in Betracht kommenden Erben sind von ihrem Erbrecht und der Möglichkeit der Ausschlagung zu benachrichtigen. Gleichzeitig sind sie über die Ausschlagungsfrist und die Rechtsfolgen zu belehren. Die Benachrichtigung und Belehrung sind zuzustellen oder haben mündlich zu erfolgen, wobei Letzteres im Protokoll zu vermerken ist. Ferner hat der Notar als Gerichtskommissar die möglichen Erben über die Möglichkeit des Vorbehalts der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses und die damit verbundenen Rechtsfolgen für die Erbenhaftung zu belehren.
Rz. 149
Im Übrigen ist die nicht öffentliche Nachlassverhandlung vorzubereiten. Hierzu gehören die Auseinandersetzung des Gesamtguts und die Erstellung eines Verzeichnisses über Aktiva und Passiva. Die Beteiligten sind zu der Nachlassverhandlung zu laden. Die Auseinandersetzung des Gesamtguts und die Nachlassverhandlung können in einer Verhandlung zusammengefasst werden. Werden Unwirksamkeitsgründe nicht vorgebracht und sind sich alle Beteiligten einig, wird das Gesamtgut auseinandergesetzt, so dass der Umfang des Nachlasses feststeht. Sodann wird die Verteilung des Nachlasses unter den Miterben entsprechend der Anordnung des Erblassers, eines Dritten oder der Vereinbarung der Miterben vorgenommen. Über alle Tatsachen wird ein Protokoll aufgenommen. Jeder Beteiligte kann sich in der Verhandlung vertreten lassen. Ist ein Erbe unstrittig Alleinerbe, ist eine Nachlassverhandlung entbehrlich.
Rz. 150
Bei der Auseinandersetzung des Gesamtguts sind die Beteiligten weitgehend frei. So kann z.B. bestimmt werden, dass einzelne oder alle Gegenstände in den Nachlass fallen und dem Ehegatten eine Ausgleichsforderung zusteht. Ebenso kann Bruchteilseigentum gebildet oder bestimmt werden, dass einzelne oder alle Gegenstände dem überlebenden Ehegatten zustehen und die Ausgleichsforderung in den Nachlass fällt. Hängt die Entscheidung über die Auseinandersetzung des Gesamtguts von Tatsachen ab, die zwischen den Beteiligten strittig sind, werden diese im Protokoll festgehalten und das Nachlassverfahren ohne deren Berücksichtigung fortgesetzt. Die strittigen Tatsachen sind dann vor einem Zivilgericht zu klären. Die Verfahren, die den Nachlass betreffen, sind ihrer Natur nach Verfahren freiwilliger Gerichtsbarkeit.
Rz. 151
Behauptet jemand vor Beendigung des Nachlassverfahrens, er sei Alleinerbe oder Miterbe, ist er zunächst als Beteiligter zu behandeln. Hängt seine Erbenstellung von einer zwischen den Erben strittigen Tatsache ab, verweist das Nachlassgericht denjenigen Beteiligten, dessen Erbberechtigung weniger wahrscheinlich erscheint, nach vergeblichem Einigungsversuch auf den ordentlichen Gerichtsweg. Im Verweisungsbeschluss ist eine Frist zur Klageerhebung zu bestimmen, die nicht kürzer als zwei Monate sein darf. Wird die Klage nicht fristgerecht eingereicht oder wird sie abgewiesen, wird das Nachlassverfahren ohne diesen Beteiligten fortgesetzt. Andernfalls ist das Nachlassverfahren bis zur gerichtlichen Klärung der Streitfrage zu unterbrechen. Ergibt sich der Streit darüber, wer Erbe ist, nur daraus, dass mehrere Personen in den zwischen ihnen unstreitigen Tatsachenfragen unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten, so hat der Gerichtskommissar die streitige Rechtsfrage selbst zu regeln und verbindlich zu entscheiden, wer Erbe ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn mehrere Personen die gesetzlichen Bestimmungen über die Ordnungen unterschiedlich auslegen.
Rz. 152
Bestehen zwischen den Erben hingegen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich eines Teils des Nachlassvermögens, ist dies im Protokoll festzuhalten und das Verfahren ohne Berücksichtigung dieses Vermögen fortzusetzen. Über den Streit muss dann vor den ordentlichen Zivilgerichten entschieden werden. Die Klage kann bereits vor Abschluss des Nachlassverfahrens eingereicht werden.
Rz. 153
Das Nachlassverfahren kann beendet werden, wenn das Erbrecht und der Umfang des Nachlasses festgestellt, die Anordnungen des Erblassers erfüllt und die gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber etwaigen Vermächtnisnehmern erfüllt worden sind (vgl. Rdn 63). Der Notar als erste Instanz des Gerichts erlässt nach § 185 BGVG mit Wirkung zum Tage der Entstehung des Erbrechts seinen Beschluss, in dem
a) |
der Erwerb des Nachlasses eines Alleinerben bestätigt wird, oder |
b) |
der Nachlass entsprechend der Anordnung des Erblassers unter mehreren Erben verteilt und deren Erbrecht bestätigt wird, oder |
c) |
der Nachlass entsprechend der Anordnung einer dritten Person, die der Erblasser bestimmt hat, verteilt und das Erbrecht der Miterben bestätigt wird, oder |
d) |
die Vereinbarung mehrerer Erben über die Verteilung des Nachlasses genehmigt und ihr Erbrecht entsprechend bestätig wird, ... |