Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 201
Die Geschäftsführung beinhaltet die Leitung und Vertretung der Gesellschaft. In Ausübung dieser Funktion obliegen der Geschäftsführung die Pflichten eines ordentlichen Kaufmanns (Art. 18 HGB; ausdrücklich für den GmbH-Geschäftsführer jetzt Art. 626 Abs. 1 HGB). Dazu gehören insbesondere Sorgfaltspflichten sowie Loyalitäts- und Treuepflichten.
Rz. 202
Der Geschäftsführer unterliegt insbesondere einem Wettbewerbsverbot, von dem er durch die Generalversammlung befreit werden können (Art. 626 Abs. 2 HGB). In diesem Rahmen darf ein Geschäftsführer weder als Geschäftsführer für ein konkurrierendes Unternehmen noch auf eigene oder fremde Rechnung wirtschaftliche Tätigkeiten in der gleichen Branche entfalten. Das Verbot kann aufgehoben oder begrenzt werden. Es unterscheidet sich von dem für den Gesellschafter geltenden Wettbewerbsverbot (siehe Rdn 143). Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann dann auch zum Ausschluss des untreuen Gesellschafters oder Gesellschaftergeschäftsführers aus der Gesellschaft führen.
Rz. 203
Das Wettbewerbsverbot gilt, soweit man es aus den vorstehenden Grundsätzen herleitet, nur für die Dauer der Geschäftsführertätigkeit. Es kann jedoch vertraglich auch auf die Zeit danach erstreckt werden (Art. 444 OGB). Die Rechtsprechung hat dem aber eine Grenze in der Zumutbarkeit für den Geschäftsführer gesetzt: Das Wettbewerbsverbot darf nicht dazu führen, dass seine berufliche Zukunft gefährdet wird, so dass die Vereinbarung einer Beschränkung auf einen angemessenen Zeitraum von bis zu zwei Jahren (Art. 445 OGB) und einen bestimmten Umfang erforderlich ist. Die Frist darf unter "bestimmten", aber im Gesetz nicht definierten Bedingungen auch länger als zwei Jahre betragen. Die Vereinbarung einer Entschädigung ist möglich, aber nicht zwingend. Dafür, ob das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zulässig und damit wirksam ist, ist entscheidend, ob dem Betroffenen dadurch ein erheblicher wirtschaftlicher oder beruflicher Nachteil entsteht.
Rz. 204
Die Geschäftsführer haften der Gesellschaft, den Gesellschaftern und den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben (Art. 626 HGB). Die einzelnen unverzichtbaren Pflichten finden sich in Art. 625 HGB. So haftet der Geschäftsführer (nicht nur), wenn
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Einzahlungen der Gesellschafter auf ihre Anteile nicht korrekt sind; |
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die Verteilung des Gewinns nicht stimmt; |
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die Buchführung nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspricht; |
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grundlos ein Gesellschafterbeschluss nicht umgesetzt wird; |
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er seinen gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig nicht nachkommt; |
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er gegen seine Überwachungspflichten, Sorgfaltspflichten oder das Wettbewerbsverbot verstößt; |
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er nicht die für eine ordnungsgemäße Führung erforderliche Infrastruktur schafft. |
Rz. 205
Zu beachten sind auch die Verweise auf das Aktienrecht über Art. 644 HGB. Der Geschäftsführer haftet für die Richtigkeit von rechtsrelevanten Erklärungen und Zusicherungen, von Angaben zum Kapital und für falsche Bewertungen von Gesellschaftsvermögen. Für den GmbH-Geschäftsführer gilt schließlich auch der allgemeine Haftungstatbestand des Art. 553 HGB, der eine umfassende Organhaftung für schuldhafte Pflichtverstöße mit Exkulpationsmöglichkeit regelt. Wer sich seinerseits wieder Erfüllungsgehilfen bedient, haftet nur dann, wenn ihm ein Auswahlverschulden zur Last gelegt werden kann. Den der Gesellschaft gegenüber entstandenen Schaden kann auch ein einzelner Gesellschafter mit der Maßgabe geltend machen, dass der Ersatz an die Gesellschaft zu leisten ist (Art. 555 HGB). Im Falle des Konkurses steht dieses Recht auch den Gläubigern zu (Art. 556 HGB). Mehrere Verursacher haften gesamtschuldnerisch (Art. 557 HGB). Es gilt eine Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Kenntnis vom Schaden, nicht mehr jedoch als von fünf Jahren (Art. 560 HGB).
Rz. 206
Soweit sie durch ihr Handeln im Rahmen des Gesellschaftszwecks Dritten Schaden im Sinne der Vorschriften über die unerlaubten Handlungen zufügen, haftet den Dritten gegenüber zunächst die GmbH (Art. 632 HGB). Diese hat jedoch die Möglichkeit, im Rahmen der internen Geschäftsführerhaftung sich im Wege des Rückgriffs beim Geschäftsführer schadlos zu halten.
Rz. 207
Eine Besonderheit stellt – wie bei den Gesellschaftern (siehe Rdn 141) – die Haftung der Geschäftsführer für öffentliche Forderungen dar. Gemäß Art. 35bis des Gesetzes über die Beitreibung öffentlicher Forderungen haftet der Geschäftsführer in voller Höhe mit seinem eigenen Vermögen für öffentliche Forderungen, die – aus welchen Gründen auch immer – bei der GmbH nicht beigetrieben werden können (für die Steuern vgl. auch Art. 10 StVG). Dem kann auch nicht durch Liquidation der Gesellschaft entgangen werden, trifft also auch die ehemaligen Geschäftsführer einer liquidierten GmbH. In der Praxis wird dies regelmäßig akut im Zusammenhang mit nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen. Für in der Türkei tätige ausländische Gesellschaften trifft diese Haft...