Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 146
Die Übertragung von Geschäftsanteilen kann aufgrund eines vertraglichen Schuldverhältnisses (Anteilsverkauf), einer Verfügung von Todes wegen oder aufgrund Erbgangs in gesetzlicher Erbfolge stattfinden. Eine weitere Variante ist die Übertragung aufgrund einer Zwangsvollstreckung. Und schließlich gibt es noch die Übertragung infolge einer güterrechtlichen Auseinandersetzung. Letztere Variante wird wie die Übertragung im Erbgang behandelt (siehe Rdn 159 ff.).
1. Anteilsübertragung unter Lebenden
a) Anteilsverkauf
Rz. 147
Die Übertragung von GmbH-Anteilen erfolgt durch notariell beglaubigten Vertrag mit anschließender Eintragung in das Handelsregister. In einigen Punkten hat das HGB 2012 die rechtsgeschäftliche Übertragung von Geschäftsanteilen neu geregelt und im Prinzip erleichtert. Die Übertragung aufgrund eines vertraglichen Schuldverhältnisses – eines Anteilsverkaufs – bedarf nicht mehr der Zustimmung von drei Vierteln der Gesellschafter und der vertretenen Kapitalanteile (Art. 520 Abs. 2 HGB a.F.), sondern nur noch eines einfachen Gesellschafterbeschlusses (Art. 595 Abs. 2 HGB). Mit diesem Beschluss wird die Übertragung wirksam, also nicht erst, wie früher, mit der Eintragung im Anteilebuch. Versäumt es die Generalversammlung, innerhalb von drei Monaten zu entscheiden, tritt eine unwiderrufliche Zustimmungsfiktion ein (Art. 595 Abs. 7 HGB). Die Generalversammlung braucht eine Ablehnung nicht zu begründen Die Satzung kann auch bestimmen, dass auf eine Zustimmung der Generalversammlung verzichtet wird oder die Zustimmung nur unter bestimmten Voraussetzungen verweigert werden darf. Umgekehrt kann die Übertragung auch ganz untersagt werden (Art. 595 Abs. 4 HGB). Bestehen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Käufers, darf die Generalversammlung die Zustimmung auch dann verweigern, wenn die Satzung auf die Zustimmungspflicht verzichtet hat (Art. 595 Abs. 6 HGB); hier hat die Generalversammlung also ein Vetorecht.
Rz. 148
Gelingt es dem übertragungswilligen Gesellschafter nicht, seinen Anteil zu übertragen, kann er aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausscheiden (Art. 595 Abs. 5 HGB).
Rz. 149
Die Diskussion in Literatur und Rechtsprechung, wie zu verfahren sei, wenn nach Erteilung der Zustimmung der Gesellschafter und Eintragung ins Anteilebuch die Anteilsübertragung seitens der Gesellschaft verweigert wird, ist nach der Neuregelung obsolet geworden. Ein Anteilebuch ist allerdings weiterhin zu führen (Art. 594 HGB). Es hat die Namen der Gesellschafter, ihre Anschriften und die auf jeden Gesellschafter entfallende Anzahl der Anteile zu enthalten. Zu registrieren sind auch die Übertragungen und der Wert der Anteile im Zeitpunkt ihrer Übertragung sowie Pfandrechte und Nießbrauchrechte nebst Namen und Anschriften der Berechtigten.
b) Übertragung nach Zwangsversteigerung
Rz. 150
Das Gesetz behandelt die Zwangsversteigerung ähnlich den Übertragungsvarianten nach Erbgang oder güterrechtlicher Auseinandersetzung (Art. 596 Abs. 1 HGB). Die neue Regelung – bzw. genauer: der Wegfall des Art. 522 HGB a.F. – hat dazu geführt, dass der Insolvenzverwalter, der in die Rechte des insolventen Gesellschafters eintritt, oder der pfändende Gläubiger die Gesellschaft nicht mehr auflösen kann. Die Herrschaft über das Schicksal des Anteils bleibt der Gesellschaft erhalten; der Insolvenzverwalter bzw. der Gläubiger muss sich wie ein neuer Gesellschafter behandeln lassen. Die Gesellschafter haben es jetzt selbst in der Hand, ob sie den Erwerber des Anteils in ihrer Gesellschaft dulden oder gegen Kompensation des tatsächlichen Wertes des Anteils ausschließen (Art. 640 HGB). Besteht keine Einigkeit über den Wert des Geschäftsanteils, ist die örtlich zuständige Kammer für Handelssachen anzurufen, die den Wert durch Sachverständigengutachten feststellen lässt (Art. 597 HGB). Die Satzung kann dazu geeignete Regelungen treffen, die allerdings keine gläubigerschädigende Wirkung haben dürfen.
c) Steuer
Rz. 151
Die bei Verkauf des Anteils erzielten Beträge sind, soweit dadurch gegenüber dem Zeitpunkt des Erwerbs ein Mehrwert entsteht, nach dem Einkommensteuergesetz zu versteuern. Derzeit beträgt der Freibetrag 10.600 TL. Zu beachten sind ferner Kosten wie die Stempelsteuer (damga vergisi) und die Gebühren für die notarielle Beglaubigung.
d) Vorkaufsrecht, Rückkaufsrecht, Kaufrecht, Vertragsstrafe
Rz. 152
In der Satzung können den anderen Gesellschaftern ein Vorkaufsrecht (önalım hakkı, şuf’a hakkı), Rückkaufsrecht (geri alım hakkı), Kaufrecht (alım hakkı) oder Andienungsrecht (önerilmeye muhatap olma) eingeräumt oder Vertragsstrafen (sözleşme cezası) vereinbart werden (Art. 577 HGB).
e) Beschränkungen
Rz. 153
Mit dem HGB 2012 entfallen ist eine alte Regelung (Art. 520 Abs. 3 HGB a.F.), wonach ein Gesellschafter, der auf seinen Anteil eine Sacheinlage erbracht hat, seinen Anteil für eine Dauer von drei Jahren ab Gründung nicht übertragen durfte.
Rz. 154
Öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Anteilsübertragung können sich aus dem Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) ergeben. Einschlägig sind das Kar...