Leitsatz

Bedarf die Übertragung eines Dauernutzungsrechts der Zustimmung eines Dritten, so ist auch die Bestellung eines Nießbrauchs an ihm regelmäßig nur mit Zustimmung dieses Dritten möglich.

 

Normenkette

§§ 12, 31, 35 WEG

 

Das Problem

  1. Die Erbbauberechtigte E räumt H an einem baulich getrennten, noch zu errichtenden Parkhausteil das Recht zur alleinigen Dauernutzung als Stellplätze für sich, ihre Kunden, Angestellten und Lieferanten ein. Zur dinglichen Sicherung bestellt E zugunsten der H ein Dauernutzungsrecht. Dieses erstreckt sich auf 177 Plätze. Die Veräußerung und Übertragung des Dauernutzungsrechts bedarf der Zustimmung der E und der Stadt.
  2. Über das Vermögen der H wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter I bestellt am 25.8.2015 zugunsten von B ein Nießbrauchsrecht am Dauernutzungsrecht und bewilligt und beantragt gemeinsam mit B die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch.
  3. Das Grundbuchamt beanstandet den Eintragungsantrag. Es verlangt unter Verweisung auf § 1069 Abs. 1 BGB die Zustimmung der E sowie der Stadt. Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Dauernutzungsrecht käme einer Übertragung des Rechts gleich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Das gemäß §§ 42 Abs. 1, 31 Abs. 3 WEG, § 11 Abs. 1 ErbbauRG an einem Erbbaurecht begründbare Dauernutzungsrecht nach § 31 Abs. 2 WEG sei ein dienstbarkeitsähnliches, veräußerliches und vererbliches (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WEG) dingliches, aber nicht grundstücksgleiches Recht (Hinweis auf OLG München v. 27.2.2013, 34 Wx 120/13). Es gestatte dem Berechtigten, die in sich abgeschlossenen (§§ 31 Abs. 3, 32 Abs. 1 WEG) Gebäudeteile, auf die sich das Recht erstrecke, unter Ausschluss des Erbbauberechtigten zu nutzen.
  2. Ob eine Belastungsbeschränkung, etwa in Form eines Zustimmungserfordernisses, wirksam vereinbart werden könne, sei streitig. Da ein Zustimmungserfordernis für die Belastung nicht ausdrücklich vereinbart sei, müsse dieser Streit an dieser Stelle aber nicht entschieden werden. Selbst wenn eine Belastungsbeschränkung nicht vereinbart werden könnte, ließe das § 1069 Abs. 1 BGB unangetastet. Diese Vorschrift bestimme, dass sich die Bestellung eines Nießbrauchs an einem (veräußerlichen) Recht – also auch am Dauernutzungsrecht – nach den Vorschriften für die Übertragung des zu belastenden Rechts richte. § 1069 Abs. 1 BGB unterstelle mit seiner Verweisung auf die "für die Übertragung des Rechts geltenden Vorschriften" die Nießbrauchsbestellung den für die Rechtsübertragung maßgeblichen Regeln einschließlich einer aufgrund Vereinbarung erforderlichen Drittzustimmung.
  3. Der Schutzzweck der §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 35 WEG gebiete es nicht, die Bestellung des Nießbrauchs am Dauernutzungsrecht entgegen § 1069 Abs. 1 BGB generell oder jedenfalls im Fall trotz vereinbarter Veräußerungsbeschränkung als zustimmungsfreies Rechtsgeschäft anzusehen. Für das Wohnungseigentum sei anerkannt, dass die Vereinbarung eines Zustimmungserfordernisses zur Einräumung eines Nießbrauchs als Inhalt des Sondereigentums möglich sei. Und nach § 33 Abs. 4 Nr. 1 WEG seien beschränkende Regelungen zu Inhalt und Umfang des zulässigen Gebrauchs und der dadurch begrenzten Nutzziehung zulässig und könnten nach § 33 Abs. 4 Nr. 1 WEG wirksam zum Inhalt des Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrechts gemacht und durch Eintragung in das Grundbuch mit dinglicher Wirkung ausgestattet werden.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Neben Wohnungs- und Teileigentum regelt das Wohnungseigentumsgesetz in seinem II. Teil (§§ 31 bis 42 WEG) das Dauerwohn- und das Dauernutzungsrecht. Diese Möglichkeit einer besonders qualifizierten Form einer Dienstbarkeit mit Substanz- und Verkehrswert soll vor allem Personen schützen, die einem Grundstückseigentümer Baukostenzuschüsse gewährt haben. Ferner sollen "genossenschaftliche Rechtsgestaltungen" ermöglicht werden.
  2. Bis heute finden Dauerwohn- und das Dauernutzungsrecht ungeachtet ihrer Möglichkeiten, zum Beispiel der Absicherung eines vormaligen Grundstückseigentümers oder als Grundlage eines Teilzeitwohnrechtvertrags, und den Vorteilen gegenüber einer Dienstbarkeit keine weite Verbreitung.
  3. Dauerwohn- und das Dauernutzungsrecht haben durch das Wohnungseigentumsgesetz eine nur zurückhaltende eigene Ausgestaltung erfahren. Soweit möglich, sind keine Spezialvorschriften geschaffen worden. Anstelle dieser verweist das Gesetz unter anderem auf die für das Wohnungs- und Teileigentum geschaffenen Vorschriften und erklärt diese (vor allem §§ 12 und 14 WEG) für entsprechend anwendbar. Ferner sind die Vorschriften des BGB über dingliche Rechte einschlägig.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Allgemein wird zwischen "mietähnlichen" und "eigentumsähnlichen" Dauerwohnrechten unterschieden. Als mietähnlich werden vor allem auf eine kürzere Laufzeit bestellte Dauerwohnrechte bis zu 10 Jahren verstanden, die beispielsweise einen Nutzer, der sich an den Baukosten des Gebäudes beteiligt hatte, eine gewisse Absicherung gewähren, die Eigentumsrechte und -pflichten aber beim...

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