Leitsatz
Mutter und minderjährige Tochter stritten sich um den Wegfall titulierten Kindesunterhalts. Die Mutter war seit dem 1.5.2002 arbeitslos und berief sich auf ihre Leistungsunfähigkeit.
Sachverhalt
Die am 5.6.1960 geborene Klägerin ist die Mutter der am 17.9.1990 geborenen Beklagten, die im Haushalt ihres Vaters lebt. Die Ehe der Eltern der Beklagten war rechtskräftig seit November 2002 geschieden.
Durch Teilvergleich vom 10.10.2001, abgeschlossen von den Eltern der Beklagten, hatte sich die Klägerin verpflichtet, für die Beklagte unter Abänderung einer Jugendamtsurkunde vom 16.12.1997 unter anderem laufenden Unterhalt ab 1.7.2001 i.H.v. 420,00 DM zu zahlen. Grundlage des Vergleichs war ein bereinigtes Nettoeinkommen der Klägerin von 2.217,00 DM. Durch Teil- und Schlussurteil vom 14.11.2001 wies das AG die über den Teilvergleich vom 10.10.2001 hinausgehende Klage ab. Eine auf Anhebung des titulierten Unterhalts gerichtete Abänderungsklage nahm die Beklagte noch im PKH-Verfahren im Juli 2003 zurück.
Mit der am 5.6.2003 beim AG eingegangenen Klage hat die Klägerin unter Hinweis auf ihre seit dem 1.5.2002 bestehende Arbeitslosigkeit den Wegfall der Unterhaltspflicht von diesem Zeitpunkt an begehrt.
Das AG hat unter Abänderung des Teilvergleichs vom 10.10.2001 den Wegfall der Unterhaltspflicht der Klägerin ab 15.9.2003 festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie teilweise Erfolg hatte.
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung der Beklagten für teilweise begründet. Allerdings komme entgegen der Auffassung des AG ein völliger Wegfall der Unterhaltspflicht der Klägerin ab 15.9.2003 nicht in Betracht. Vielmehr sei die Klägerin unter Abänderung des Teilvergleichs vom 10.10.2001 verpflichtet, den aus der Urteilformel ersichtlichen Unterhalt zu zahlen.
Die von ihr erhobene Abänderungsklage sei zulässig. Insbesondere könne Abänderung auch für die Zeit vor Rechtshängigkeit verlangt werden, da bei Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO nicht gelte. Die Abänderungsklage, die sich auf den Wegfall des titulierten Unterhalts i.H.v. 420,00 DM richte, habe nur teilweise Erfolg. Die Klägerin sei - anders als von ihr angenommen, nicht in vollem Umfang leistungsunfähig. Sie sei vielmehr unter Berücksichtigung des an ihrem jeweiligen Wohnort geltenden Selbstbehalts in der Lage, den aus der Urteilsformel ersichtlichen monatlichen Unterhalt zu zahlen.
Ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen der Arbeitsverwaltung habe die Klägerin ab Beginn des Unterhaltszeitraums am 15.9.2003 bis zum 25.11.2003 nur 60,00 EUR über dem notwendigen Selbstbehalt für Nichterwerbstätige verdient. Sie müsse sich aber wegen unterlassener Erwerbsbemühungen ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit von 1.000,00 EUR monatlich zurechnen lassen. Im Hinblick auf ihre Unterhaltsverpflichtung gegenüber der minderjährigen Beklagten treffe sie gem. § 1603 Abs. 2 BGB eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Als Unterhaltspflichtige müsse sie danach ihre Arbeitskraft entsprechend ihrer Vorbildung, ihren Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzen; soweit sie keine Arbeit habe, müsse sie sich ausreichend um Arbeit bemühen. Sie müsse praktisch die gesamte Zeit, die ein voll Erwerbstätiger berufstätig wäre, für die Arbeitssuche aufwenden und dürfe die Bewerbungsbemühungen nicht auf ihren Wohnort beschränken. Die Klägerin habe ihre Bewerbungsbemühungen nicht im Einzelnen dargelegt. Sie habe sich vielmehr darauf beschränkt, einen Aktenordner vorzulegen, nach dessen Auswertung sich lediglich für den Monat Januar 2004 eine Zahl von mehr als 20 Bewerbungen pro Monat ergebe. Danach reichten die Erwerbsbemühungen der Klägerin schon von der Zahl her nicht aus.
Es könne nicht angenommen werden, dass sich die Klägerin ausreichend um eine neue Erwerbstätigkeit bemüht habe. Es sei ihr daher ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit zuzurechnen. Sie habe ihre Arbeitsstelle bereits im Mai 2002 verloren, so dass auch dann, wenn man ihr eine angemessene Übergangszeit zubillige, sie jedenfalls im September 2003, zu Beginn des streitigen Unterhaltszeitraums, bei ausreichenden Bemühungen hätte in der Lage sein müssen, eine Erwerbstätigkeit auszuüben.
Das erzielbare Einkommen schätzte das OLG auf bereinigt 1.000,00 EUR monatlich. Die Höhe der fiktiven Einkünfte hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend sei dabei zum einen die Art des unterhaltsrechtlichen Verschuldens. Sei dem Unterhaltsschuldner vorzuwerfen, eine gut besoldete zugunsten einer schlechter dotierten Anstellung aufgegeben zu haben, so sei das bisher erzielte Einkommen fiktiv fortzuschreiben. Sei der Verlust des Arbeitsplatzes hingegen unterhaltsrechtlich unbedenklich, wie im Fall einer berechtigten betriebsbedingten Kündigung, sei das bisherige Einkommen nicht notwendig weiter zuzurechnen.
Die Klägerin sei in der Zeit von 1984 bis 1999 als kaufmännische Ange...