Leitsatz

Aussagekräftige Fotos können Augenscheinstermin entbehrlich machen

 

Normenkette

§ 15 WEG, § 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

1. Die grundlegende Umgestaltung einer Garten-Sondernutzungsfläche durch den sondernutzungsberechtigten Eigentümer stellt grundsätzlich eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar.

2. Die Gemeinschaftsordnung kann jedoch einem Sondernutzungsberechtigten bei der Gartenplanung und Gartengestaltung einen Gestaltungsspielraum einräumen, der über das Recht zur üblichen Gartennutzung und -pflege hinausgeht.

Vorliegend war vereinbart:

"Die Sondereigentümer  dürfen den an ihr Sondereigentum angrenzenden Garten, also den gesamten Garten, der westlich an dem Gebäude liegt, unter Ausschluss der anderen Miteigentümer als Erholungs- und Ziergarten nutzen. Alle Maßnahmen müssen sich in das Gesamtbild der Wohnanlage einfügen. Die Sondernutzungsberechtigten haben ihre Gartenanteile auf ihre eigenen Kosten in einem ordentlichen Zustand zu halten. Zur Wahrung der Grundsätze für die Gartengestaltung kann der Verwalter die erforderlichen Maßnahmen treffen."

3. Im konkreten Fall wurde von einem Gartensondernutzungsberechtigten ein Apfelbaum gefällt sowie eine Neupflasterung von weiteren Terrassenflächen und eine Neubepflanzung vorgenommen, ebenso eine Ziermauer errichtet.

Die hier getroffene Vereinbarungsregelung geht über die Einräumung eines reinen Sondernutzungsrechts an einer Gartenfläche hinaus, die einem Berechtigten nur das Recht zur üblichen Gartenpflege, nicht aber zu baulichen Veränderungen gewährt. Vorliegend durfte der Nutzungsberechtigte "Maßnahmen" ergreifen, die dem Westgarten den Charakter eines "Erholungsgartens" verleihen. Dazu gehört auch die Anlage von "nicht überdachten" weiteren Terrassenflächen. Die Nutzung als "Ziergarten" umfasst - vorbehaltlich der erforderlichen Einfügung in das Gesamtbild der Wohnanlage - auch das Recht, eine Ziermauer zu errichten, um hier etwa aufgestellten Pflanzkübeln einen entsprechenden Hintergrund zu geben. Andernfalls hätte die hier speziell getroffene Vereinbarung keinen besonderen Sinn und keinen eigenen Regelungsgehalt. Außerdem erfasst die Berechtigung zu einer bestimmten Nutzung nach allgemein vertretener Auffassung grundsätzlich auch das Recht, die dazu erforderlichen baulichen Veränderungen vorzunehmen.

4. Anhand der zahlreichen, aussagekräftigen Lichtbilder der Örtlichkeit wurde auch vom LG in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt, dass sich die baulichen Veränderungen im Rahmen des Gestaltungsrechts hielten, welches dem Eigentümer einen erheblichen Spielraum einräumte. Die Gemeinschaftsordnung gibt hier eine Nutzung des Westgartens im Sinne eines reinen Ziergartens nicht vor, sondern lässt die intensivere Nutzung als Erholungsgarten einschließlich der als Sonnenterrasse zu, Gleiches gilt für die baulichen Gegebenheiten.

5. Der Tatrichter kann seine Entscheidung zur behaupteten erheblichen Nachteilswirkung einer baulichen Veränderung auch auf aussagekräftige Lichtbilder stützen, ohne zwingend einen Ortstermin vornehmen zu müssen.

6. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Gegenstandswert dieser Instanz von DM 8.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamm, Beschluss vom 15.02.2000, 15 W 426/99)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Ob eine Vereinbarung bzgl. berechtigter Nutzungen von Gemeinschaftseigentum grds. auch stets "das Recht einräumt, die dazu erforderlichen baulichen Veränderungen vornehmen zu dürfen" (ohne entsprechende ausdrückliche ohne Weiteres mögliche Zusatzvereinbarungen), möchte ich bezweifeln (sicher häufig schwierige Auslegungsfrage solcher Vereinbarungen).

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