Leitsatz

Haben die Mietvertragsparteien vereinbart, dass der Mieter die anteiligen Kosten für künftige Schönheitsreparaturen nach einem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines Fachbetriebs zu zahlen hat, so schuldet der Mieter den Abgeltungsbetrag einschließlich der Umsatzsteuer.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 535 Abs. 1

 

Kommentar

Die Parteien schlossen anlässlich der Beendigung des Mietverhältnisses folgende Individualvereinbarung: "Der Mieter (ist) verpflichtet, die anteiligen Kosten für die Schönheitsreparaturen entsprechend dem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines vom Vermieter eingeholten Kostenvoranschlags eines Fachbetriebs zu zahlen. Der Mieter ist berechtigt, ebenfalls einen Kostenvoranschlag eines Fachbetriebs vorzulegen, wobei dieser nur berücksichtigt wird, wenn er günstiger ist als der des Vermieters."

Die Instanzgerichte haben dem Vermieter für die noch nicht fälligen Schönheitsreparaturen einen Betrag von 429,76 EUR netto zuerkannt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Mieter darüber hinaus auch die auf diesen Betrag entfallende Umsatzsteuer von 81,65 EUR schuldet.

Dies wird vom BGH bejaht: Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schönheitsreparaturen Teil der vom Mieter geschuldeten Miete sind. Für die Miete müsse er keine Umsatzsteuer bezahlen; deshalb sei der entsprechende Betrag in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB vom Mieter nicht zu leisten.

Die Vereinbarung ist so auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass der Mieter nicht den Netto-, sondern den Bruttobetrag schuldet. Danach ist der Abgeltungsbetrag durch einen Kostenvoranschlag eines Fachbetriebs zu ermitteln. Solche Kostenvoranschläge werden üblicherweise auf Bruttobasis erstellt. Dementsprechend ist die Vereinbarung auszulegen.

Anmerkung

Umsatzsteuer individuell oder formularmäßig vereinbart

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Verpflichtung des Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen als Teil des von ihm geschuldeten Entgelts zu bewerten. Da der Mietzins bei der Wohnungsmiete nicht der Umsatzsteuer unterliegt, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolge gilt, wenn die Parteien gleichwohl vereinbaren, dass zu der Miete die Umsatzsteuer zu zahlen ist. Es kommen zwei Auslegungsmöglichkeiten in Betracht (BGH, Urteil v. 21.1.2009, XII ZR 79/07, NJW-RR 2009 S. 593):

1. Denkbar ist, dass die Vereinbarung hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer ins Leere geht, weil für nicht steuerpflichtige Umsätze aus Vermietung keine Mehrwertsteuer anfällt. Nach dieser Auslegung gilt, dass eine in Wirklichkeit nicht anfallende Mehrwertsteuer auch nicht geschuldet wird.

Von dieser Auslegung ist regelmäßig auszugehen, wenn die Preisvereinbarung auf einer fehlerhaften Bewertung der steuerlichen Gegebenheiten beruht und anzunehmen ist, dass dem Vermieter nur der Nettobetrag zustehen soll.

2. Denkbar ist allerdings auch, dass sich die Parteien auf einen Endbetrag geeinigt haben. In diesem Fall gilt das Bruttoentgelt als vereinbart. Auf die umsatzsteuerrechtlichen Gegebenheiten kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

Der BGH hat die Individualvereinbarung als Bruttoregelung ausgelegt. Auf eine Formularklausel ist die Entscheidung nicht anzuwenden. Hier dürfte nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) wohl die in Ziffer 1 skizzierte Auslegung den Vorzug verdienen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 16.6.2010, VIII ZR 280/09, WuM 2010 S. 478

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