Alexander C. Blankenstein
Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich ein Erwerber gemäß § 577a Abs. 1 BGB auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB erst nach Ablauf von 3 Jahren seit der Veräußerung berufen. Die Bestimmung des § 573 Abs. 2 BGB regelt in Nr. 2 die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung und in Nr. 3 die Möglichkeit der Verwertungskündigung. Diese beiden Fälle, die ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses begründen, sind also zunächst für 3 Jahre ausgeschlossen. Selbstverständlich steht dem Vermieter aber die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Fall von schuldhaften und nicht unerheblichen Pflichtverletzungen des Mieters offen. Liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 BGB vor, kann das Mietverhältnis selbstverständlich auch außerordentlich fristlos gekündigt werden.
Zu beachten ist, dass sich die 3-Jahresfrist nach § 577a Abs. 2 BGB auf bis zu 10 Jahre verlängert, wenn die Wohnung in einem Gebiet belegen ist, in dem Mietwohnungen besonders knapp sind und die entsprechende Landesregierung von ihrem Verordnungsrecht Gebrauch gemacht hat.
Mit der Kündigungssperrfrist für Eigenbedarfskündigungen wollte der Gesetzgeber den Mieter besonders davor schützen, dass umgewandelte Eigentumswohnungen häufig zur Befriedigung eigenen Wohnbedarfs erworben werden, der durch die Kündigungsschutzbestimmungen erstrebte Bestandsschutz für den Mieter dadurch also besonders gefährdet ist. Gerade die erhöhte Gefahr einer Eigenbedarfskündigung nach Umwandlung des vermieteten Wohnraums in eine Eigentumswohnung und Veräußerung an einen neuen Eigentümer stellt nach der Auffassung des Gesetzgebers auch die Rechtfertigung für die mit der verlängerten Kündigungssperrfrist verbundene Beschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Eigentümerbefugnisse nach Art. 14 GG sowohl des Veräußerers als auch des Erwerbers dar.
In Ergänzung dazu ist die Sperrfrist für Verwertungskündigungen eingeführt worden, um zu verhindern, dass infolge der verlängerten Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen der Kündigungsgrund des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, der dem Vermieter eine angemessene wirtschaftliche Verwertung sichern soll, an Bedeutung gewinnt, weil durch die Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen der wirtschaftliche Wert der Wohnung sinkt. Der Mieter sollte deshalb gegen Kündigungen wegen Veräußerungsabsichten des Erwerbers denselben Schutz erhalten wie gegen Kündigungen wegen Eigenbedarfs.
Analoge Anwendung auf Kündigungen nach § 573 Abs. 1 BGB
Die Vorschrift des § 577a BGB ist nicht analog anwendbar auf Kündigungen nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hiernach kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat. § 573 Abs. 2 BGB benennt insoweit lediglich Regelbeispiele, ohne abschließend zu sein. Deshalb kann ein berechtigtes Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses auch darin begründet sein, dass er zwecks Betreuung seiner pflegebedürftigen Mutter und seiner minderjährigen Kinder eine Wohnung für eine Pflegekraft benötigt. Da hier kein Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorliegt, obwohl die Situationen im Ergebnis vergleichbar sind, kann die Kündigung ohne Berücksichtigung der Sperrfrist erfolgen.
Analoge Anwendung bei Realteilung
Bei der Realteilung eines Zweifamilienhauses ist die Bestimmung des § 577a BGB hingegen analog anwendbar, was auch als verfassungskonform angesehen wurde.