Leitsatz
- Nimmt der Mieter eine Untervermietung vor, ohne die erforderliche Erlaubnis seines Vermieters einzuholen, verletzt er seine vertraglichen Pflichten auch dann, wenn er einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat.
- Ob ein derartiger Vertragsverstoß des Mieters ein die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigendes Gewicht hat, ist unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
- Hat der Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung vom Vermieter rechtzeitig erbeten, so ist eine auf die fehlende Erlaubnis gestützte Kündigung rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter seinerseits zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet war und ihm somit selbst eine Vertragsverletzung zur Last fällt.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB §§ 540, 553, 573
Kommentar
Der Mietvertrag enthält in § 11 unter anderem folgende Formularklausel: "Der Mieter ist ohne ausdrückliche Einwilligung des Vermieters weder zu einer Untervermietung noch zu einer sonstigen Gebrauchsüberlassung an Dritte berechtigt, ausgenommen an besuchsweise sich aufhaltende Personen ..." Individualvertraglich ist in § 27 vereinbart: "Die Einwilligung zur Untervermietung wird erteilt. Bei einem Wechsel der Untermieter ist die schriftliche Einwilligung der Vermieter erforderlich."
In der Folgezeit hat die Mieterin mehrfach Teile der Wohnung an Dritte untervermietet. Im November 2007 bat die Mieterin um Erlaubnis zur Untervermietung eines Zimmers an Frau A. Die Vermieter haben die Erteilung der Erlaubnis von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig gemacht. Die Mieterin hat daraufhin Klage auf Erteilung der Untermieterlaubnis erhoben und – vor Abschluss des Rechtsstreits – Frau A. ab Februar 2008 in die Wohnung aufgenommen. Die Vermieter haben das Mietverhältnis wegen der unerlaubten Untervermietung gekündigt und Räumungsklage erhoben.
Der BGH hat die Räumungsklage abgewiesen:
1 Erlaubnis des Vermieters
Der Mieter ist ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, die Sache weiterzuvermieten (§ 540 Abs. 1 BGB). Jedoch hat der Mieter einer Wohnung gem. § 553 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, wenn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung entsteht. Die Aufnahme des Untermieters ohne Erlaubnis ist als Pflichtverletzung zu bewerten. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch dann, wenn der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat (Leitsatz a).
2 Kündigungsberechtigung
Ein Grund zur ordentlichen befristeten Kündigung liegt vor, wenn der Mieter "seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt" (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dies führt zu der Frage, ob es für die Kündigung genügt, wenn die Wohnung ohne Erlaubnis einem Dritten überlassen wird. Dies wird vom BGH verneint. Vielmehr ist die Kündigungsberechtigung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei kommt es auch auf die Gründe an, die den Mieter zu einem solchen Verhalten veranlasst haben (Leitsatz b).
3 Generelle Untermieterlaubnis
Im Entscheidungsfall bestand die Besonderheit, dass die Vermieter in § 27 des Mietvertrags bereits eine generelle Untermieterlaubnis erteilt haben. Bei dieser Form der Erlaubnis ist der Mieter zur Untervermietung berechtigt, ohne dass es eines berechtigten Interesses bedarf. Die Vermieter waren mithin zur Erteilung der Untermieterlaubnis verpflichtet. Die Verweigerung der Erlaubnis war vertragswidrig. In einem solchen Fall ist es einem Vermieter "wegen des Verbots des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) verwehrt, sich ... auf das Fehlen einer Erlaubnis zu berufen" (Leitsatz c).
Fristlose Kündigung
Nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter die Mietsache "unbefugt einem Dritten überlässt". Über das Recht der Vermieter zur fristlosen Kündigung hatte der BGH nicht zu entscheiden. Jedoch gelten hier dieselben Erwägungen wie bei der ordentlichen Kündigung: Eine fristlose Kündigung kommt nicht in Betracht, wenn der Vermieter die Untermieterlaubnis grundlos verweigert.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 2.2.2011, VIII ZR 74/10, NJW 2011 S. 1065