Dr. Tibor Szocs, Dr. Ádám Tóth
Rz. 126
Grundsätzlich lässt das ungarische Recht die Einsetzung eines Nacherben nicht zu. Das neue Ptk. sieht allerdings zwei Ausnahmen von diesem Verbot vor.
Rz. 127
Der erste Ausnahmetatbestand betrifft den Fall, dass der Ehegatte des Erblassers als Vorerbe eingesetzt wird. Der Erblasser kann einen Nacherben für den Fall des Todes des Ehegatten als Vorerben einsetzen hinsichtlich des Nachlasses, der von ihm an den Ehegatten als Vorerben fällt. In diesem Fall handelt es sich um das Institut des "fideicomissum eius quod super erit" (Nacherbeneinsetzung auf den Überrest). In diesem Fall steht nämlich dem Vorerben das Recht zu, über den Nachlass entgeltlich zu verfügen; er ist ferner berechtigt, unentgeltliche Spenden zu machen, soweit deren Wert das Maß der gewöhnlichen Geschenke nicht übersteigt.
Rz. 128
§ 7:28 Abs. (3) Ptk. lässt nämlich die freie Anordnung der Vorerbschaft mit der Maßgabe zu, dass "von der Einsetzung eines Nacherben das Recht des Ehegatten auf die entgeltliche Verfügung und auf das unentgeltliche Spenden in Bezug auf einen Wert, der nicht höher ist als gewöhnliche Geschenke, unberührt bleibt". Dies hat zur Folge, dass der Nacherbe keine zu sichernden Rechte hat; er kann vom Nachlassvermögen nur das noch erhalten, was nach dem Tod des Vorerben übrigbleibt.
Rz. 129
Der Vorerbe darf das geerbte Vermögen frei verbrauchen und den Bestand des Nachlassvermögens mit entgeltlichen Geschäften unbeschränkt mindern. Er hat diesbezüglich keinerlei Haftung oder Rechenschaftspflicht gegenüber dem Nacherben. Hat er dagegen das Nachlassvermögen durch unentgeltliche Eigentumsübertragungen gemindert, deren Wert das Maß gewöhnlicher Geschenke übersteigt, so kann der Nacherbe Schadensersatz fordern, weil er mit einem geringeren Nachlass rechnen muss, als ihm sonst zustehen würde. Im Gesetzt bleibt jedoch ungeklärt, wer gegenüber dem Nacherben haftet (der beschenkte Dritte oder der Vorerbe bzw. dessen eigene Erben zu Lasten des sonstigen Nachlasses des Vorerben). Der Nacherbe ist berechtigt zu prüfen, ob der Vorerbe über die betroffenen Nachlassgegenstände tatsächlich entgeltlich bzw. – im Fall einer unentgeltlichen Verfügung – in welcher Höhe er verfügt hat.
Rz. 130
Unstrittig ist, dass der Vorerbe über das zum Kreis der Nacherbfolge gehörende Vermögen von Todes wegen weder unentgeltlich noch entgeltlich verfügen kann, denn dieses Vermögen gehört nicht zu seinem eigenen Nachlass.
Rz. 131
Der zweite Ausnahmetatbestand ist das sogenannte substitutio pupillaris. Damit ist der Fall gemeint, dass ein Elternteil einen Nacherben für den Tod seines keine Einsichtsfähigkeit besitzenden Abkömmlings für den Fall einsetzt, dass dieser Abkömmling bis zu seinem Tod diese Fähigkeit nicht erwirbt (und daher auch nicht testierfähig ist). In diesem Fall der Nacherbeneinsetzung haftet der Vorerbe gegenüber dem Nacherben überhaupt nicht. Der Vorerbe bleibt ja entweder geschäftsunfähig (in diesem Fall kommt eine Verfügung gar nicht in Betracht) oder er erwirbt die Geschäftsfähigkeit, so dass die Nacherbeneinsetzung seine Wirksamkeit verliert.
Rz. 132
Die Anordnung eines Nachvermächtnisses hingegen ist im Wesentlichen ohne Einschränkungen (und nicht nur in den beiden obigen Tatbeständen) zulässig. Der Erblasser kann also beliebige Personen als Vor- oder Nachvermächtnisnehmer einsetzen. Er kann das Verfügungsrecht des Vorvermächtnisnehmers sogar umfassend beschränken und dem Nachvermächtnisnehmer ein umfassendes Überwachungsrecht einräumen (mit einer unbeschränkten Haftung des Vorvermächtnisnehmers). Mangels Beschränkung durch den Erblasser steht dem Vorvermächtnisnehmer jedoch ein umfassendes Verfügungsrecht über den Gegenstand des Vermächtnisses zu, das auch unentgeltlich sein kann und dessen Höhe nicht auf das Maß gewöhnlicher Geschenke beschränkt ist.