Rz. 267

Die ordnungsgemäße Zustellung ist eine wichtige Gültigkeitsvoraussetzung bei den einzelnen Verfahrenshandlungen in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Bei nicht ordnungsgemäßer Zustellung sind die Verfahrenshandlungen nur dann gültig, wenn sie von der Partei gesondert anerkannt werden. Die Ladung ist eine amtliche Benachrichtigung über den genauen Zeitpunkt der Verhandlung, in dessen Kenntnis der Beteiligte entscheiden kann, ob er am Verfahren teilnimmt oder nicht. Wer trotz ordnungsmäßiger Ladung am Nachlassverfahren nicht teilnimmt, verzichtet auf sein Recht, in der Verhandlung eine Erklärung abzugeben oder einen Vergleich zu schließen.

 

Rz. 268

Die Ladung zur Nachlassverhandlung gilt dann als ordnungsgemäß zugestellt, wenn sie mindestens acht Kalendertage vor dem Verhandlungstermin zugestellt wird.[205] Die Zustellung der Ladung erfolgt mit einem Zustellungszeugnis, damit die Zustellung nachweisbar ist. Die Zustellung der Ladung erfogt i.d.R. auf dem Postwege. In bestimmten Fällen werden sog. Zustellungsfiktionen angewendet: Die Ladung wird als am Tag des Zustellungsversuchs zugestellt betrachtet, wenn der Empfänger die Annahme verweigert. Wird die Ladung nach zweimaligen Zustellungsversuchen von der Post dem Notar zurückgesandt, so gilt sie am fünften Werktag nach dem zweiten Zustellungsversuch als zugestellt.[206] Die Ladung kann auch telefonisch oder unmittelbar mündlich erfolgen.

 

Rz. 269

Ist die Ladung im Ausland zuzustellen, sind die entsprechenden Bestimmungen der EU-ZustellungsVO[207] bzw. der völkerrechtlichen Übereinkommen maßgebend. Der Notar kann daher die Ladung an einen in Deutschland lebenden Betroffenen sowohl auf dem Postwege als auch im Wege der internationalen Rechtshilfe unter Mitwirkung des zuständigen Amtsgerichts (als Empfangsstelle)[208] zustellen.

 

Rz. 270

Der Notar hat die folgenden Betroffenen zur Nachlassverhandlung zu laden:

1. in Ermangelung einer Verfügung von Todes wegen des Erblassers
die gesetzlichen Erben,
den Nachlassgläubiger,
den im Nachlassverfahren auftretenden sog. "Anspruchsteller"[209] sowie
denjenigen, der eine zum Nachlass gehörende Sache besitzt oder der Schuldner bzw. Verpflichteter einer bzw. eines zum Nachlass gehörenden (und mit dem Tod auf den Erben übergehenden) Forderung bzw. Rechts ist, vorausgesetzt, dass diese Person die Ladung zum Nachlassverfahren beantragt hat;
2. bei Vorliegen einer letztwilligen Verfügung (unter Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts):
den in der Verfügung von Todes wegen eingesetzten Betroffenen (Erbe, Vermächtnisnehmer),
den gesetzlichen Erben, wenn er pflichtteilsberechtigt ist,
den Testamentsvollstrecker,
den Nachlassgläubiger,
den im Nachlassverfahren auftretenden sog. "Anspruchsteller" sowie
denjenigen, der eine zum Nachlass gehörende Sache besitzt oder der Schuldner bzw. Verpflichteter einer bzw. eines zum Nachlass gehörenden (und mit dem Tod auf den Erben übergehenden) Forderung bzw. Rechts ist, vorausgesetzt, dass diese Person die Ladung zum Nachlassverfahren beantragt hat;
bei einem gemeinschaftlichen Erbvertrag von Miteigentümern den den Erblasser überlebenden Miteigentümer.
 

Rz. 271

Nimmt der Notar einen Umstand wahr, der auf eine eventuelle Ungültigkeit der Verfügung von Todes wegen schließen lässt, so sind zur Nachlassverhandlung auch alle gesetzlichen Erben zu laden. Dasselbe gilt, wenn einer der gesetzlichen Erben – trotz letztwilliger Verfügung des Erblassers – als Erbe einen Anspruch auf den Nachlass angemeldet hat.

 

Rz. 272

Hat der Erblasser ein mündliches Nottestament hinterlassen, so kann der Notar zur Nachlassverhandlung die Zeugen des mündlichen Nottestaments laden.[210] Die Ladung der Zeugen ist – im Interesse der Protokollierung ihrer Aussage – stets notwendig, wenn sie keine vorherige Erklärung abgegeben haben oder wenn dies von einem an der Erbfolge Beteiligten beantragt wird. Werden durch die Zeugenaussagen Angaben über weitere Betroffene bekannt, die zur Nachlassverhandlung nicht geladen wurden, so vertagt der Notar die Verhandlung.

 

Rz. 273

Besondere Ladungsvorschriften sind für den Fall der Rückfallerbfolge (siehe Rdn 70 ff.) vorgesehen. In diesem Fall sind zur Sicherung der Rückfallerbfolge neben dem Ehegatten des Erblassers auch die zur Rückfallerbfolge berufenen Vorfahren bzw. Verwandten der Seitenlinie zu laden, sofern nicht bereits vor der Verhandlung zweifelsfrei festgestellt werden konnte, dass das Nachlassvermögen nicht den Regeln der Rückfallerbfolge unterliegt.

 

Rz. 274

In der Ladung sind die Beteiligten darüber zu belehren, dass die Durchführung der Nachlassverhandlung und der Erlass von notariellen Entscheidungen nicht dadurch gehindert werden, dass sie trotz ordnungsmäßiger Ladung fernbleiben. Die Geladenen werden ferner auf die Möglichkeit des Vergleichs und der Inanspruchnahme der Mediation hingewiesen. In der schriftlichen Ladung sind Ort und Zeit der Verhandlung sowie jene Dokumente anzugeben, die die Geladenen zur Nachlassverhandlung mitzubringen haben....

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