Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 26 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 4 WEG, § 636 BGB
Kommentar
1. In einer Beschlussfassung über eine fristlose Kündigung eines Verwaltervertrages wurde dem Verwalter vorgeworfen, dass er hinsichtlich vorausgegangener Beschlüsse untätig geblieben sei, Gelder der Gemeinschaft auf ein Sammelkonto überwiesen habe und dieses (und auch andere Gemeinschaftskonten) als Eigenkonto geführt habe. In der Beschlussanfechtung einzelner Eigentümer und auch des Verwalters wurde erwidert, dass dem Verwalter Entlastung erteilt worden sei und im Übrigen kein wichtiger Grund für die Entlassung vorgelegen habe. Seine Kontenführung habe auch nicht gegen § 27 Abs. 4 WEG verstoßen, die Konten seien als offene Treuhandkonten geführt worden. Von schwerwiegenden Pflichtverletzungen könne nicht gesprochen werden, insbesondere nicht von Unterschlagungen oder anderen strafbaren Handlungen. Die Kontenführung sei auch so mit dem Beirat abgesprochen gewesen. Im Übrigen habe es vor der Kündigung aus wichtigem Grund keine notwendige Abmahnung gegeben.
2. Das LG hat die Beschlussentscheidung des AG (auch Bestätigung des Eigentümerbeschlusses zur Abwahl des Verwalters aus wichtigem Grund) aufgehoben und den Versammlungsbeschluss zur Abwahl des Verwalters für ungültig erklärt.
Begründet wurde dies damit, dass dem Verwalter hinsichtlich bestimmter früherer Vorwürfe Entlastung erteilt worden sei; dann könnten Verfehlungen vor dieser Zeit nicht mehr als wichtiger Grund geltend gemacht werden (BayObLG, ZMR 85, 391). Was die Kontenführung betreffe, könne ein Verwalter zwischen einem offenen Treuhandkonto und einem offenen Fremdkonto wählen; bei einem offenen Treuhandkonto müsse der Verwalter der kontenführenden Bank gegenüber aber klar zum Ausdruck bringen, dass die jeweiligen Guthaben vom Verwalter nur treuhänderisch gehalten würden (Merle in Bärmann, 6. Auflage § 27 Rn. 91). Für ein Konto habe der Verwalter diese Treuhandabrede nachweisen können, nicht jedoch für das Sammelkonto; allerdings habe er behauptet, dass auch hier eine entsprechende Vereinbarung mit der Bank hinsichtlich des Sammelkontos vorliege; ob dies zutreffend sei, könne dahingestellt bleiben. Der abberufene Verwalter habe hier ausgeführt, dass "die Zahlungsweise mit dem Beirat so beschlossen und seit Jahren praktiziert worden sei". Insoweit hätte es jedoch vor der Kündigung aus wichtigem Grund einer Abmahnung bedurft (vgl. Niedenführ/Schulze, WEG, 4. Auflage § 26 Rn. 38d). Eine Abmahnung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft sei jedoch nicht erfolgt. Im Übrigen könnten Gründe nicht Berücksichtigung finden, die erst im Laufe des Verfahrens nachgeschoben wurden. Solche Kündigungsgründe müssten zumindest im Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung vorgelegen haben. Dem Nachschieben von Gründen seien deshalb Grenzen gesetzt (ähnlich wie im GmbH-Recht, vgl. OLG Naumburg, GmbH- Recht 66, 939). Hinsichtlich der nachgeschobenen Gründe hätte es eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer bedurft (wie hier nicht), zumal dann, wenn die Verfahrensweise - wie vom Verwalter behauptet - mit dem Beirat abgestimmt worden sei. Hinsichtlich der Kontenführung sei der Verwalter auch nicht abgemahnt worden und es fehle auch an einer erneuten Beschlussfassung.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert für die Beschwerdeinstanz von DM 5.000.
Link zur Entscheidung
( LG Regensburg, Beschluss vom 14.09.1998, 7 T 450/98)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Diese offensichtlich rechtskräftig gewordene landgerichtliche Entscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern unter Berücksichtigung der derzeit herrschenden Rechtsmeinung, auch wenn sie im Ergebnis zugunsten des betroffenen Verwalters ausgegangen ist.
Sicher kann man davon ausgehen, dass in einer Eigentümerbeschlussfassung auf fristlose Vertragskündigung (im Sinne des § 626 BGB) auch - zumindest konkludent - die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund im Sinne des § 26 Abs. 1 WEG liegt und der Eigentümerbeschluss auch diese Abberufung - die nicht beschränkt werden kann - beinhaltet. Insoweit gibt es hier auch in der Wertung des wichtigen Grundes keine wesentlichen Unterschiede (unter Berücksichtigung der nach herrschender Rechtsmeinung geltenden Trennungstheorie). Wenn von Entlastungswirkung früherer behaupteter Verwalterverfehlungen gesprochen wird, hätte allerdings geklärt werden müssen, ob hier die Entlastungsbeschlüsse in Kenntnis aller Fakten gefasst wurden oder zumindest Fakten Eigentümern bei der Beschlussfassung über eine Entlastung hätten bekannt sein müssen, da andernfalls Entlastungen nicht uneingeschränkt einen Verwalter von jeglicher Verantwortung freistellen können. Auch das zitierte BayObLG hat hier bisher nicht Entlastungswirkungen angenommen, wenn Eigentümern zum Zeitpunkt entsprechender Beschlussfassungen bestimmte Verfehlungen gar nicht bekannt waren bzw. nicht hätten bekannt sein müssen.
Nach wie vor bin ich auch der Auffassung, dass die Führung von Gemeinschaftskonten als offenen Treuhandkonte...