Amtspflichtverletzung eines Datenschutzbeauftragten rechtfertigt keine fristlose Kündigung
Erst kürzlich hat das Bundesarbeitsgericht die Kündigung einer Datenschutzbeauftragten nach einem Umweg über den EuGH für unwirksam erklärt. Der Arbeitgeber hatte den Sonderkündigungsschutz nicht beachtet. Danach ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unzulässig, es sei denn, es ist ein fristloser Kündigungsgrund gegeben. Wenn der Datenschutzbeauftragte nur reine Amtspflichten verletzt, wie es der Arbeitgeber im vorliegenden Fall rügte, kommt eine fristlose Kündigung nach Auffassung des Arbeitsgerichts Heidelberg gar nicht in Betracht, sondern nur eine Abberufung.
Auch an eine solche stellt das deutsche Datenschutzrecht regelmäßig hohe Anforderungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes müssen hierfür wichtige Gründe vorliegen, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und eine weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden.
Der Fall: Fristlose Kündigung eines Datenschutzbeauftragten
Der Arbeitgeber kündigte im vorliegenden Fall einem Datenschutzbeauftragten fristlos. Dieser war seit dem 1. Oktober 2002 zuletzt als Rechtsanwalt (Syndikusanwalt) und Leiter der Rechtsabteilung in einem Unternehmen beschäftigt, als Datenschutzbeauftragter war er seit 2018 bestellt. Der Arbeitgeber machte ihm den Vorwurf, dass er seine Aufgaben als Datenschutzbeauftragter über einen Zeitraum von mehreren Jahren gar nicht wahrgenommen habe. Dies habe das Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Januar 2022 ergeben. Darin wurden insgesamt elf gravierende Datenschutzmängel im Unternehmen festgestellt, drei mit mittlerem und acht mit hohem Risiko.
Abmahnungen und Kündigungsgrund Arbeitsverweigerung
Die fristlose Kündigung des Datenschutzbeauftragten im Juni 2022 begründete der Arbeitgeber folgendermaßen: Die Arbeitsleistung sei jahrelang "vollkommen unzureichend und geprägt von Verantwortungslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den berechtigten Interessen des Arbeitgebers" gewesen. Aus diesem Grunde sei er 2021 auch schon dreimal abgemahnt worden.
Der Datenschutzbeauftragte selbst war überzeugt, seine Aufgaben als Datenschutzbeauftragter erfüllt zu haben. In seinem Amt als Datenschutzbeauftragter obliege ihm eine Beratungs- und Kontrollfunktion, die er wahrgenommen habe. Diese habe er zusätzlich zu seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit von mindestens 40 Stunden pro Woche ausgeübt. Für die Umsetzung des Datenschutzes sei er dagegen nicht verantwortlich gewesen.
ArbG Heidelberg: Keine Kündigung wegen Verletzung von Amtspflichten
Das Arbeitsgericht Heidelberg stellte die Unwirksamkeit der Kündigung des Datenschutzbeauftragten fest. Es war der Auffassung, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen sei, wenn der Datenschutzbeauftragte ausschließlich Amtspflichten verletzt habe. Selbst wenn man dies anders sehe, fehle vorliegend ein wichtiger Grund für eine fristlosen Kündigung. Die Umdeutung in eine ordentliche Kündigung sei nicht möglich.
Das Gericht führte aus, dass ebenso wie bei anderen Amtsträgern wie beispielsweise Betriebsräten stets zwischen der Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten und solchen, die allein die Amtsführung betreffen, zu unterscheiden sei. Bei Verstößen gegen Amtspflichten, die nicht zugleich eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen, komme eine Abmahnung oder Kündigung nicht in Betracht, sondern die für Amtspflichtverletzungen gesetzlich vorgesehene Sanktion.
Bei Amtspflichtverletzung kommt Abberufung in Betracht
Da der Arbeitgeber vorliegend die fristlose Kündigung ausschließlich darauf gestützt habe, dass der Arbeitnehmer seinen Pflichten als Datenschutzbeauftragter nicht nachgekommen sei, sei nur eine Abberufung gemäß § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG des Datenschutzbeauftragten infrage gekommen.
Hinweis: ArbG Heilbronn, Urteil vom 29.September 2022, Az: 8 Ca 135/22
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