Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 399 BGB, § 851 Abs. 1 ZPO, § 851b ZPO
Kommentar
1. Mietnebenkosten (Betriebskosten) sind zweckgebundene Leistungenim Sinne des § 399 BGB; eine solche Nebenkostenforderung des Vermieters kann aus diesem Grund nicht abgetreten werden; deshalb sind sie auch unpfändbar (vgl. § 851 Abs. 1 ZPO).
2. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Mietnebenkosten als Vorauszahlung oder nachträglich nach Erstellung einer entsprechenden Betriebskostensabrechnung (Jahresabrechnung) zu leisten sind.
In dieser in der Literatur umstrittenen Frage (vgl. Sernel, Stöber, Zöller/Stöber, Baumbach/Hartmann, Bub/Treier/Belz und LG Farnkfurt RPfl. 89, 294) schließt sich der Senat der Ansicht an, dass es sich bei den Mietnebenkosten um zweckgebundene unpfändbare Forderungen handelt, die allenfalls im Rahmen ihrer Zweckbestimmung - wie vorliegend verneint - pfändbar sind; die Zweckgebundenheit und damit die Unpfändbarkeit ergeben sich bereits aus dem Sinn und Zweck der Zahlung von Mietnebenkosten an den Vermieter. Diese Nebenkosten sind in der Regel auch nicht Bestandteil des Mietzinses, sondern werden in den Mietverträgen als gesonderte Zahlung vereinbart. Hierbei werden bestimmte Ausgabenarten vereinbart, die in den Mietverträgen im Einzelnen aufgeführt werden müssen, um eine Zahlungspflicht des Mieters zu begründen. Die Unpfändbarkeit ergibt sich auch aus dem zwingenden Schutz des Mieters. Auch die Regelung in § 851b ZPO spricht für dieses Ergebnis. Andernfalls könnte der Mieter u.U. auch nicht mehr seine Verpflichtungen gegenüber Versorgungsunternehmen erfüllen (nach Einstellung der Versorgung letztendlich zu Lasten des Mieters).
Link zur Entscheidung
( OLG Celle, Beschluss vom 13.04.1999, 4 W 48/99= ZMR 10/1999, 697 = WE 12/1999, 14)
Zu Gruppe 5: Die Vermietung von Eigentumswohnungen
Anmerkung:
Diese Entscheidung erlangt m.E. u.U. auch dann Bedeutung, wenn mangels hoher Wohngeldrückstände eines Vermieters dessen Einheit von der Energieversorgung nach entsprechender Beschlussfassungder Gemeinschaft unter Hinweis auf § 273 BGB und die dazu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung abgetrennt werden müsste. Hier sollte es dem Mieter möglich werden, ein solches "Ausfrieren" und "Austrocknen" der von ihm genutzten Wohnung dadurch zu verhindern, dass er evtl. auf direktem Wege Wohngeldrückstände seines Vermieters der Gemeinschaft gegenüber ausgleicht.Dies ist ihm allerdings nur dann möglich, wenn es sich hinsichtlich der Nebenkosten um nicht abtretbare und unpfändbare Forderungsteile aus dem Mietvertragsverhältnis handelt.
Die Anmerkung von RA Dr. Lützenrath, Essen (in ZMR) bestätigt die Ansicht der Senatsentscheidung, Dr. Riecke, Richter am AG Hamburg-Blankenese (in WE) lehnt demgegenüber das Entscheidungsergebnis unter Hinweis auf LG Frankfurt (Rpfl. 89, 294) ab und fordert hier entsprechenden Antrag des Schuldners (Vermieters) nach § 851b ZPO.