Leitsatz
Seit dem Jahre 1993 miteinander verheiratete Parteien stritten sich im Scheidungsverbund um nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann bezog eine Altersrente von monatlich 1.032,60 EUR, die Ehefrau eine Erwerbsminderungsrente von monatlich 90,68 EUR. Der Ehemann hat das Erbbaurecht an einem Haus, das er nach der Trennung von seiner Ehefrau alleine bewohnt. Erstinstanzlich hat die Ehefrau monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 712,01 EUR geltend gemacht. Der Ehemann hat den Anspruch i.H.v. monatlich 361,00 EUR anerkannt und im Übrigen Abweisung beantragt.
Mit Anerkenntnis- und Endurteil vom 31.3.2005 hat das AG die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 650,00 EUR verurteilt. Hierbei ging es von einem Renteneinkommen des Ehemannes i.H.v. 1.115,95 EUR und einem ihm zuzurechnenden Wohnvorteil von 300,00 EUR sowie einem Renteneinkommen der Ehefrau von 90,82 EUR aus.
Der Ehemann hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und begehrt Aufhebung der Entscheidung, soweit er zur Zahlung höheren Unterhalts als monatlich 361,00 EUR verurteilt wurde.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung für begründet und hat den Unterhaltsanspruch der Ehefrau auf den anerkannten Betrag von 361,00 EUR beschränkt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass dem Unterhaltsverpflichteten anderenfalls der ihm zuzubilligende angemessene Selbstbehalt gem. § 1581 BGB nicht verbliebe. Der angemessene Selbstbehalt im Fall des nachehelichen Unterhalts zwischen zwei Rentnern liege in der Regel bei dem für den Verwandtenunterhalt geltenden angemessenen Selbstbehalt, der derzeit mit 1.100,00 EUR anzusetzen sei. In diesem Betrag sei ein Anteil für Unterkunft und Heizung von 450,00 EUR enthalten. Dies führe dazu, dass dem Ehemann nach Abzug des zu zahlenden Unterhalts ein Barbetrag von 650,00 EUR zu verbleiben habe. Die vom OLG gem. § 1581 BGB vorgenommene Billigkeitsabwägung im Hinblick auf die nur kurze Ehedauer und die Tatsache der Kinderlosigkeit führe zu keiner anderen Bewertung. Trotz der geringen eigenen Renteneinkünfte der Ehefrau sei nicht auf den notwendigen Selbstbehalt abzustellen, da im Rentenfall eine Grundsicherung durch §§ 43 ff. SGB XII eintreten würde.
Hinweis
Der angemessene Selbstbehalt darf nur in Einzelfällen auf den notwendigen Selbstbehalt begrenzt werden. Die Ehefrau kann aufgrund der Grundsicherung nicht als ähnlich hilfslos wie ein minderjähriges Kind angesehen werden, was nach der Rechtsprechung des BGH aber notwendig wäre, um beim Ehegattenunterhalt den notwendigen Selbstbehalt als Untergrenze anzusehen (BGH v. 18.10.1989 - IVb ZR 89/88, MDR 1990, 422 = FamRZ 1990, 260).
Das OLG hat mit seiner Entscheidung einen klaren Maßstab zur Ermittlung des Selbstbehalts zwischen zwei Rentnern unter Berücksichtigung der weiteren eheprägenden Umstände gesetzt. Der Ansatz des angemessenen Selbstbehalts bei Unterhaltsansprüchen zwischen zwei Rentnern erscheint berechtigt, zumal eine Gleichstellung der Unterhaltsansprüche mit einem volljährigen Unterhaltsbedürftigen erreicht wird.
Link zur Entscheidung
OLG München, Urteil vom 12.10.2005, 16 UF 968/05