Leitsatz
Der Beklagte wurde durch Urteil des AG Pirna vom 16.1.1998 verurteilt, an seine Tochter monatlichen Unterhalt i.H.v. 515,00 DM ab Juli 1996 zu zahlen. In dem Zeitraum von August 2002 bis August 2003 gewährte der Kläger der Tochter des Beklagten, die seinerzeit eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin absolvierte, Vorausleistungen zur Ausbildungsförderung i.H.v. zunächst 318,00 EUR und ab Februar 2003 i.H.v. 334,00 EUR monatlich. Der Kläger nahm in der Folgezeit den Beklagten mit einer Stufenklage aus gem. § 37 BAföG übergegangenem Recht zunächst auf Auskunft über seine Einkommensverhältnisse und mit einem auf zweiter Stufe angekündigten Antrag auf Abänderung des Unterhaltstitels vom 16.1.1998 für den Zeitraum von August 2002 bis August 2003 in Anspruch. Der in der Schweiz wohnhafte Beklagte rügte die Unzuständigkeit der deutschen Gerichte.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Stufenklage insgesamt als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei gem. Art. 2 des Lugano-Übereinkommens (Lugano-Übk) vor den schweizer Gerichten zu verklagen.
Die Klägerin legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein und machte geltend, das erstinstanzlich angerufene AG sei gem. Art. 5 Nr. 2 Lugano-Übk örtlich und international zuständig. Die Vorschrift, die für Unterhaltssachen einen besonderen Gerichtsstand am Wohnort des Unterhaltsberechtigten begründe, gelte auch für Regressklagen öffentlicher Einrichtigungen, die Unterhaltsansprüche aus übergegangenem Recht geltend machen.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts und verneinte die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
Im Hinblick auf den Wohnsitz des Beklagten in der Schweiz und damit im Hoheitsgebiet eines Staates, der nicht mit Mitglied der EU ist, bestimme sich die internationale Zuständigkeit nach den Vorschriften des Lugano-Übk vom 16.9.1988, die die Zuständigkeitsregeln der ZPO, insbesondere § 23a ZPO, gänzlich verdrängten (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 642 Rz. 7).
Nach Art. 2 I Lugano-Übk seien Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedsstaates, der Beklagte also vor den schweizer Gerichten, zu verklagen.
Die von Art. 2 I Lugano-Übk abweichende Zuständigkeitsregel für Unterhaltssachen in Art. 5 Nr. 2 Lugano-Übk sei zugunsten des Klägers nicht anwendbar. Diese Vorschrift eröffne lediglich dem Unterhaltsberechtigten die Möglichkeit, in Unterhaltssachen auch vor dem Gericht des Ortes zu klagen, an dem er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie gelte hingegen nicht für öffentlich-rechtliche Einrichtungen, die - wie vorliegend der Kläger gem. § 37 BAföG - Unterhaltsansprüche des Berechtigten aus übergegangenem Recht gegen einen Schuldner geltend machten.
Zwar spreche die Vorschrift des Art. 5 Nr. 2 Lugano-Übk allgemein von Klagen in Unterhaltssachen und fordere ihrem Wortlaut nach nicht, dass der Unterhaltsberechtigte selbst der Kläger sein müsse.
Das erstinstanzliche Gericht sei in Übereinstimmung mit der herrschenden Literaturmeinung unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 15.1.2004 (NJW 2004, 1439) zu Recht zu einer einschränkenden Auslegung des Art. 5 Nr. 2 Lugano-Übk gelangt.
Die Zuständigkeit deutscher Gerichte lasse sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht damit begründen, dass das abzuändernde Urteil von einem deutschen Gericht erlassen worden sei. Darauf, welches Gericht im Erstprozess entschieden habe, komme es für die internationale Zuständigkeit nicht an. Für Abänderungsklagen gelten vielmehr die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften des Lugano-Übk (vgl. Kroppholler, Art. 5 Lugano-Übk Rz. 66; OLG Nürnberg, NJW 2005, 1055, zu Art. 2 I EuGVO).
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Urteil vom 28.09.2006, 21 UF 381/06