Kommentar
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des VAT and Duties Tribunal, London, ging es ebenso wie bei dem Vorabentscheidungsersuchen des Landesgericht für ZRS Wien v. 7.6.2004 (Rs. C- 284/04, T-Mobile Austria GmbH u.a.) um die Steuerbarkeit der Versteigerung sog. UMTS-Lizenzen durch die öffentliche Hand.
Das britische Vorlagegericht hatte dem EuGH im Wesentlichen die gleichen Fragen zur Auslegung von Artikel 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie gestellt, wie das österreichische Landesgericht für Zivilrechtssachen in der EuGH-Sache C-284/04. Im Unterschied dazu wollte das britische Gericht darüber hinaus wissen, ob die Lizenzvergabe teilweise eine unternehmerische Tätigkeit und teilweise eine nichtunternehmerische (hoheitliche) Tätigkeit sein kann. Darüber hinaus fragte das Vorlagegericht, wie wahrscheinlich und wie zeitnah eine "größere Wettbewerbsverzerrung" im Sinne von Artikel 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie sein muss, damit die Tätigkeit der öffentlichen Hand als unternehmerische Tätigkeit anzusehen ist. Diese Frage resultierte daraus, dass die Klägerinnen vortrugen, aus einer beabsichtigten künftigen Einführung des sekundären Frequenzhandels neben den fortlaufenden primären Zuteilungen durch die öffentliche Einrichtung ergebe sich ein qualifiziertes Risiko der Wettbewerbsverzerrung. Auf dem sekundären Markt müsse Mehrwertsteuer entrichtet werden, während dies bei der Erstzuteilung nicht der Fall sei.
Bei dem Verfahren ging es also um die Auslegung von Artikel 4 Abs. 5 i.V.m. Anhang D Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Artikel 13 i.V.m. Anhang I MwStSystRL). Diese Auslegung war in einem Zivilrechtsstreit entscheidungserheblich, in dem die Klägerinnen von der Republik Österreich die Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis für Frequenznutzungsentgelte verlangten, die sie im Zusammenhang mit der Ersteigerung von Mobilfunklizenzen entrichtet hatten. Inhaltlich geht es um die Frage, ob die Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen umsatzsteuerlich als steuerbare und steuerpflichtige (quasi gewerbliche) Tätigkeit des Staates oder vielmehr als hoheitliche, nicht steuerbare Tätigkeit zu qualifizieren war.
Das Verfahren hatte auch unmittelbare Bedeutung für die in Deutschland durchgeführten Versteigerungen. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) versteigerte im August 2000 Lizenzen für den Betrieb von UMTS-Mobilfunknetzen. Die Lizenzen wurden für einen Erlös von rund 99,3 Mrd. DM (rd. 50,8 Mrd. Euro) ersteigert.
Der EuGH hat nur die 1. Frage des britischen Gerichts (ob die Lizenzversteigerung eine wirtschaftliche Tätigkeit nach Artikel 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie - Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen - war) beantwortet. Nach der Entscheidung war die Lizenzversteigerung keine wirtschaftliche Tätigkeit und fiel folglich nicht in den Anwendungsbereich der 6. EG-Richtlinie.
Der EuGH begründet dies (wie in der Rechtssache C-284/04) im Wesentlichen damit, dass die streitige Tätigkeit in der Erteilung von Konzessionen bestand, die es den diese Konzessionen erhaltenden Unternehmern erlaubte, von den damit verbundenen Nutzungsrechten in der Weise Gebrauch zu machen, dass sie ihre Dienstleistungen auf dem Mobilfunkmarkt öffentlich gegen Entgelt anbieten. Für diese Tätigkeit sei sowohl nach der entsprechenden EG-Richtlinie als auch dem nationalen Gesetz ausschließlich der betreffende Mitgliedstaat zuständig gewesen.
Die Lizenzerteilung stelle sich somit als notwendige Vorbedingung für den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zum Mobilfunkmarkt dar. Sie stelle selbst keine Teilnahme der zuständigen nationalen Behörde an diesem Markt dar. Es seien ausschließlich die betreffenden Unternehmer als Inhaber der zugeteilten Rechte, die auf dem Mobilfunkmarkt tätig seien und die Lizenzen nutzten, um daraus nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Daher sei die Lizenzversteigerung der Natur der Sache nach keine Tätigkeit von Wirtschaftsteilnehmern gewesen.
Dass die betreffenden Unternehmer ihre Nutzungsrechte für Funkfrequenzen später übertragen können, sei unerheblich. Eine solche Übertragung sei abgesehen davon, dass sie der Kontrolle der für die Frequenzzuteilung zuständigen nationalen Regulierungsbehörde unterliege, nicht mit der Erteilung einer behördlichen Konzession vergleichbar. Wenn die zuständige nationale Behörde eine solche Konzession erteilt, beteiligt sie sich also nicht an der Nutzung des in den Nutzungsrechten für Funkfrequenzen bestehenden Gegenstands, um daraus nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Mit dem betreffenden Zuteilungsverfahren übt sie ausschließlich eine ihr ausdrücklich übertragene Kontroll- und Regelungstätigkeit in Bezug auf die Nutzung des elektromagnetischen Spektrums aus. Unerheblich sei auch, dass die Zuteilung der Lizenzen gegen Zahlung eines Entgelts geschah.
Es ist erstaunlich, dass der EuGH geprüft hat, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit vorlag. Aus meiner Sicht konnte dies im Ergebnis dahinstehen. Aus der Entscheidung kann nich...