Leitsatz
1. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass Lehrleistungen, die ein Diplom-Ingenieur an einem als privatrechtlicher Verein verfassten Bildungsinstitut für die Teilnehmer von Fortbildungslehrgängen erbringt, die bereits mindestens einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss als Architekt bzw. Ingenieur oder eine gleichwertige Bildung besitzen, wobei die Kurse mit einer Prüfung abgeschlossen werden, "Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen", im Sinn dieser Bestimmung sein können. Auch andere Tätigkeiten als die Lehrtätigkeit im eigentlichen Sinn können solche Unterrichtseinheiten sein, sofern diese Tätigkeiten im Wesentlichen im Rahmen der sich auf den Schul- und Hochschulunterricht beziehenden Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende ausgeübt werden. Soweit erforderlich, hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob alle im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tätigkeiten Unterrichtseinheiten sind, die sich auf den "Schul- und Hochschulunterricht" im Sinn dieser Bestimmung beziehen.
2. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j dieser RL ist dahin auszulegen, dass eine Person wie Herr Eulitz, der Gesellschafter der Klägerin des Ausgangsverfahrens ist und der als Lehrkraft im Rahmen der von einer dritten Einrichtung angebotenen Lehrveranstaltungen Leistungen erbringt, unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren gegebenen nicht als "Privatlehrer" im Sinn dieser Bestimmung angesehen werden kann.
Normenkette
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der 6. EG-RL (§ 4 Nr. 21 Buchst. a und b UStG)
Sachverhalt
Der Gesellschafter der Eulitz GbR hielt an einer privaten Bildungseinrichtung (EIPOS) Vorlesungen zum Thema Brandschutz für Teilnehmer mit Studienabschluss oder zweijähriger berufspraktischer Tätigkeit im Brandschutz oder Baubereich und nahm im Rahmen von Prüfungskommissionen Prüfungen ab, bei deren Bestehen die Teilnehmer als Sachverständige anerkannt werden konnten.
Das FA lehnte die Befreiung nach § 4 Nr. 21 oder 22 UStG ab. Weder EIPOS noch die Eulitz GbR verfügten über eine Bescheinigung. Das FG hielt eine Befreiung als Schul- oder Hochschulunterricht durch Privatlehrer nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL für möglich.
Entscheidung
Das FG muss die Entscheidung jetzt umsetzen. Ob die Leistungen einschließlich der Prüfungstätigkeit und anderer organisatorischer Tätigkeiten insgesamt Unterrichtsleistungen darstellen, muss das FG anhand der vorstehend unter 4. genannten Kriterien prüfen. Ohne Bedeutung für die Einordnung als Privatlehrer sind: die Bezahlung auch für den Fall, dass sich kein Teilnehmer für eine Veranstaltung meldet, die wiederholte Beauftragung eines Unternehmers für entsprechende Leistungen oder der Umstand, dass der Unternehmer neben der reinen Unterrichtstätigkeit auch noch hervorgehobene organisatorische Leistungen für eine Organisation erbracht hat. Entscheidend ist aber, dass EIPOS – weder die GbR noch Herr Eulitz (der seine Leistungen soweit ersichtlich selbst nur gegenüber der GbR erbracht hat) – gegenüber den Teilnehmern die Unterrichtsleistungen erbracht haben. Das schließt eine Beurteilung als "Privatlehrer" i.S.d. Gemeinschaftsrechts aus. Mit § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG hat der Gesetzgeber – wie häufig – versucht, den Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Formulierung des Befreiungstatbestands zu übertreffen und nennt den "selbstständigen Lehrer". Ob er damit – zugunsten der Steuerpflichtigen – über das Ziel hinausgeschossen ist, bleibt vorerst offen.
Hinweis
1. Befreiungen sind grundsätzlich eng auszulegen; es entspricht aber nicht dem Sinn dieser Regelung, wenn die – gemeinschaftsrechtlichen (!) – Begriffe in Art. 13 so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen.
2. Eine genaue Definition der Begriffe "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j hatte der EuGH ausdrücklich im Urteil Haderer vermieden und bisher in Rd.Nr. 26 dieses Urteils lediglich umschrieben, dass sich dieser Begriff nicht auf Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern dass er andere Tätigkeiten einschließt, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. In Bezug auf den Begriff "Unterricht" hat der EuGH im Wesentlichen entschieden, dass die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Studierende zwar ein besonders wichtiger Bestandteil der Unterrichtstätigkeit i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL ist, diese Tätigkeit aber aus einer Gesamtheit von Elementen besteht, zu denen neben denjenigen, die die zwischen den Unterrichtenden und den Studierenden zustande kommenden Beziehungen betreffen, glei...