Detlef Burhoff, Ralph Gübner
Rdn 3893
Literaturhinweise:
Gutt/Krenberger, Neues zur Verjährungsunterbrechung – eine Rechtsprechungsübersicht zu §§ 31–33 OWiG, DAR 2014, 187
Fromm, Ende der "Verjährungsfallen" im Verkehrs-Ordnungswidrigkeitenrecht?, StraFo 2010, 223
ders., Aktuelles zur Verjährungsunterbrechung gem. § 33 Abs. 1 OWiG in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren – zugleich zur Unterbrechung der Verjährung durch vorläufige Einstellung wegen Abwesenheit, DAR 2024, 71
Goldbach/Friedrich, Verteidigung im OWi-Verfahren mit der Vollmacht im Hinblick auf die Verjährung, VRR 2008, 208
s. auch die Hinw. bei → Verjährung, Allgemeines, Rdn 3851.
Rdn 3894
Die Unterbrechungstatbestände sind in § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–15 abschließend aufgeführt (wegen der allgemeinen Fragen → Verjährung, Unterbrechung, Allgemeines, Rdn 3851).
☆ Um die Übersichtlichkeit zu wahren, wird im Folgenden der jeweilige Unterbrechungstatbestand nur verkürzt wiedergegeben.verkürzt wiedergegeben.
Rdn 3895
1. § 33 Abs. 1 S. Nr. 1 regelt die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, dass gegen ihn ermittelt wird oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe.
Rdn 3896
a) Der Unterbrechungstatbestand in Nr. 1 enthält vier selbstständige Unterbrechungshandlungen. Es ist allgemeine Auffassung, dass die Verjährung nach Nr. 1 gegenüber dem Betroffenen nur einmal unterbrochen werden kann (BGHSt 27, 110, 113; StV 2019, 21; 2015, 111 = NStZ-RR 2014, 340; OLG Brandenburg DAR 2007, 396 = VRR 2007, 352; OLG Braunschweig NZV 2008, 108; OLG Celle NZV 2001, 88; OLG Düsseldorf DAR 1999, 175; OLG Hamm, Beschl. v. 26.11.2015 – 1 RBs 175/15; OLG Jena VRS 111, 281; für die ähnlich formulierte Regelung im Strafverfahren BGH StraFo 2004, 359; NStZ 2009, 205 = StraFo 2008, 436 = StV 2009, 696 = StRR 2008, 431). Maßgeblich ist also die zeitlich erste Unterbrechungshandlung unabhängig davon, welche der vier in Nr. 1 genannten Maßnahmen zunächst ergriffen wurde (OLG Frankfurt am Main DAR 1999, 276).
☆ Keine erneute Unterbrechung bewirkt deshalb die Mitteilung der StA an den bereits vernommenen Beschuldigten, dass die Ermittlungen fortgesetzt werden, nachdem das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat (BGH NStZ 2009, 205 = StraFo 2008, 436 = StV 2009, 696 = StRR 2008, 431 [zu § 78c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB]). bewirkt deshalb die Mitteilung der StA an den bereits vernommenen Beschuldigten, dass die Ermittlungen fortgesetzt werden, nachdem das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat (BGH NStZ 2009, 205 = StraFo 2008, 436 = StV 2009, 696 = StRR 2008, 431 [zu § 78c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB]).
Rdn 3897
b) Eine bestimmte Form für die Bekanntgabe ist nicht vorgesehen. Es reicht aus, den Betroffenen wissen zu lassen, dass und weshalb gegen ihn ermittelt wird (BGHSt 30, 215, 217). Eine fernmündliche Mitteilung an den Betroffenen genügt, allerdings müssen sich diese Tatsache und der Zeitpunkt aus der Akte ergeben (OLG Dresden zfs 2005, 572 = DAR 2005, 570 = VRR 2005, 194; → Verjährung, Unterbrechung, Allgemeines, Rdn 3881).
☆ Nach der Rechtsprechung wird die Verjährungsfrist nach der Nr. 1 als Bekanntgabe der Ermittlungen i.d.R. auch unterbrochen, wenn dem bevollmächtigten Verteidiger Akteneinsicht gewährt wird (OLG Hamm DAR 2001, 375; OLG Saarbrücken zfs 2009, 352; s.a. BGH NStZ 2009, 205 = StraFo 2008, 436 = StV 2009, 696 = StRR 2008, 431; NStZ 2008, 214 = StraFo 2008, 155 [jew. zu § 78c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB]). Im Hinblick auf die Verjährung kann sich deshalb der Antrag des Verteidigers auf Akteneinsicht für den Mandanten ungünstig auswirken (dazu Burhoff VRR 2005, 195 in der Anm. zu OLG Dresden, a.a.O.).Akteneinsicht gewährt wird (OLG Hamm DAR 2001, 375; OLG Saarbrücken zfs 2009, 352; s.a. BGH NStZ 2009, 205 = StraFo 2008, 436 = StV 2009, 696 = StRR 2008, 431; NStZ 2008, 214 = StraFo 2008, 155 [jew. zu § 78c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB]). Im Hinblick auf die Verjährung kann sich deshalb der Antrag des Verteidigers auf Akteneinsicht für den Mandanten ungünstig auswirken (dazu Burhoff VRR 2005, 195 in der Anm. zu OLG Dresden, a.a.O.).
Rdn 3898
c) Die Verjährungsunterbrechung nach Nr. 1 setzt zudem voraus, dass die Ermittlungen gegen eine bestimmte und namentlich bekannte Person geführt werden (BGHSt 42, 283, 290 = NStZ 1997, 346 m. Anm. Senge; OLG Hamm NZV 2000, 179 = DAR 2000, 81 m.w.N.). Unschädlich ist es dabei, ob die Verwaltungsbehörde Zweifel an der Identität des Betroffenen hat (OLG Saarbrücken, Urt. v. 14.9.2015 – Ss RS 17/2015), wobei aber die Annahme eines Tatverdachtes zumindest vertretbar sein muss (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.1.2022 – 2 RBs 221/21, DAR 2022, 281 = zfs 2022, 530; → Verjährung, Unterbrechung, Allgemeines, Rdn 3888
Rdn 3899
aa) Die Maßnahme muss gerade gegen den Betroffenen gerichtet sein. Deshalb wird die Frist in folgenden Fällen nicht unterbrochen:
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Der Empfänger gibt den Anhörungsbogen an den tatsächlichen Fahrer weiter und dieser sendet den Bogen zurück (BGHSt 24, 321, 325). |
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Der Fahrer setzt sich aufgrund des an den Halter versandten Anhöru... |