Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 554
Große Kapitalgesellschaften haben Mitbestimmungsregelungen zu beachten (geregelt im Drittelbeteiligungsgesetz). Hiernach muss eine GmbH einen Aufsichtsrat einrichten, sofern sie mehr als 500 Mitarbeiter hat. Die Komplementär-GmbH einer typischen GmbH & Co. KG wird diese Voraussetzung allerdings kaum jemals erfüllen.
Für die GmbH & Co. KG selbst sind die Bestimmungen des Drittelbeteiligungsgesetzes nicht anwendbar, da es sich um eine Personengesellschaft handelt. Große Gesellschaften können jedoch gem. § 4 Abs. 1 MitbestG unter folgenden Voraussetzungen zur Einrichtung eines paritätisch besetzten Aufsichtsrats verpflichtet sein:
- Komplementär-GmbH und KG beschäftigen zusammen mehr als 2.000 Arbeitnehmer;
- Deutsche Kapitalgesellschaft ist einziger persönlich haftender Gesellschafter der KG;
- Mehrheit der Kommanditisten verfügt auch über Mehrheit in der Komplementär-GmbH;- Komplementär-GmbH hat keinen eigenen Geschäftsbetrieb oder einen Geschäftsbetrieb mit weniger als 500 Beschäftigten.
Siehe https://blogmbh.de/gmbh-kg/organisation-der-typischen-gmbh-co-kg/2246/.
Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu unterscheiden zwischen Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden, und solchen, die als Gesellschafterbeitrag i. S. d. § 706 BGB durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und die durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden. Die Gesellschafter haben es weitgehend in der Hand, Leistungen als – durch die Beteiligung an Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegoltenen (unentgeltlichen) – Gesellschafterbeitrag zu vereinbaren oder die entsprechenden Leistungen auf der Grundlage eines echten Austauschvertrages gegen Sonderentgelt zu erbringen. Diese Möglichkeit ist nur dann nicht gegeben, wenn, wie im Fall der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers oder des Vorstandsmitglieds einer Körperschaft, die Tätigkeit des Organwalters unmittelbar der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks dient und als eigene Tätigkeit der Gesellschaft zu erfassen ist. Demgegenüber unterliegt die Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats gegen Zahlung einer Vergütung der Umsatzsteuer.
Aufsichtsratsmitglieder wurden bis Ende 2021 unterschiedslos als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG angesehen. Nachdem der EuGH zumindest in den Fällen, in denen die Tätigkeit ohne ein Vergütungsrisiko ausgeübt wurde, die Unternehmereigenschaft verneint hatte, folgte die Finanzverwaltung diesen Vorgaben und differenzierte die Eigenschaft der Aufsichtsperson anhand der erhaltenen Vergütung.
Die Finanzverwaltung setzt die Rechtsprechung des EuGH, der auch der BFH folgt, um und sieht die Tätigkeit eines Aufsichtsrats dann nicht als eine selbständige Tätigkeit an, wenn aufgrund einer nicht veriablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko getragen wird (Abschn. 2.2 Abs. 3a Satz 1 UStAE). Unerheblich ist, dass die Vergütung als Geldleistung oder in Form von Sachzuwendungen erfolgt. Ebenso ist es für die Frage des Vergütungsrisikos unerheblich, ob die Vergütung (nachträglich) für mehrere Jahre gezahlt wird (Abschn. 2.2 Abs. 3a Satz 9 UStAE). Die Grundaussage gilt aber nur dann, wenn eine Festvergütung (z. B. als pauschale Aufwandsentschädigung) gezahlt wird. Sitzungsgelder, die nur für die tatsächliche Teilnahme an Sitzungen gezahlt werden, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen stellen keine solchen Festvergütungen dar und führen dann – bis auf eine Bagatellregelung – zur Unternehmereigenschaft.
Für den Fall, dass eine sowohl aus festen als auch aus variablen Bestandteilen bestehende Vergütung gezahlt wird, liegt grundsätzlich eine unternehmerische Betätigung, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung betragen (einschließlich der erhaltenen Aufwandsentschädigungen). Dies ist für jedes Mandat eines Aufsichtsrats separat zu prüfen. Dabei stellen Reisekostenerstattungen keine Vergütungsbestandteile dar und sind deshalb bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen.
Mit Schreiben v. 29.3.2022 hat die Finanzverwaltung weitere Praxisfragen beantwortet.
Zitat
Bei der Prüfung, ob die variablen Bestandteile im Geschäftsjahr der Gesellschaft mindestens 10 % der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen betragen, sind nur die Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen, die für Leistungen gezahlt werden, die in dem betreffenden Geschäftsjahr der Gesellschaft ausgeführt werden. Maßgeblicher Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds ist der Ablauf des Geschäftsjahres der Gesellschaft. Erhält ein Aufsichtsratsmitglied für die tatsächliche Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung Auslagenersatz und Sitzungsgeld, ist der maßgebliche Leistungszeitpunkt der Tag der Aufsichtsratssitzung. In die Prüfung der 10 %-Grenze sind als variable Vergütungsbestandteile die Sitzungsgeld...