Leitsatz
Die Mutter eines im Januar 2004 geborenen Kindes wollte nach dessen Geburt aus persönlichen Gründen den leiblichen Vater nicht angeben. Es wurde dann ein anderer Mann als Vater von ihr benannt, der sich zur Vaterschaftsanerkennung bereitgefunden hatte. Dieser hat mit Zustimmung der Kindesmutter die Vaterschaft anerkennt.
Die Situation änderte sich insoweit, als die Kindesmutter später den leiblichen Vater heiraten wollte. Mit ihrer im Januar 2006 eingereichten Klage begehrte sie die Feststellung, dass der Beklagte nicht der Vater ihrer Tochter sei.
Der von für dieses Verfahren beantragte Prozesskostenhilfeantrag wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei mutwillig, weil sie selbst durch falsche Erklärungen bewirkt habe, dass die Abstammung des Kindes unrichtig in öffentliche Urkunden eingetragen worden sei.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Beschwerde der Klägerin gegen den ablehnenden PKH-Beschluss nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für zulässig und begründet.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe Aussichten auf Erfolg. Auch bei einem bewusst falschen Vaterschaftsanerkenntnis könne die Vaterschaft gem. §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1599 Abs. 1, 1592 Nr. 2 BGB angefochten werden (OLG Köln v. 25.10.2001 - 14 UF 106/01, OLGReport Köln 2002, 29 = FamRZ 2002, 629 ff. mit ausführlicher Begründung; Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl. 2006, § 1598 Rz. 2).
Das Anfechtungsrecht sei in solchen Fällen nicht wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen.
Der Klägerin könne daher entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht verweigert werden.
Das OLG zog insoweit Parallelen zu den Fällen der Auflösung einer Scheinehe (vgl. dazu und zum Nachfolgenden BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 247/03, BGHReport 2005, 1380 = MDR 2005, 1230 = FamRZ 2005, 1477 f.).
Hinweis
Die Kindesmutter hat nach § 1600 Abs. 1 Nr. 3 BGB ein eigenständiges Anfechtungsrecht. Auch für sie beträgt die Anfechtungsfrist zwei Jahre ab Kenntnis von den Umständen, die gegen die Vaterschaft sprechen und beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes. § 640e Abs. 1 ZPO schreibt zwingend die Beiladung des betroffenen Kindes vor, so dass ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Bei erfolgreicher Anfechtung der Vaterschaft wird das Kind zunächst "vaterlos". Eine neue Vaterschaft kann daher nur durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung begründet werden.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 11.05.2006, 14 WF 49/06