Leitsatz

Das Fehlen oder der Wegfall eines namentlich benannten Zustimmungsberechtigten, insbesondere dessen Versterben, hat nicht zur Folge, dass die Verfügungsbeschränkung erlöschen würde.

 

Normenkette

WEG § 12

 

Das Problem

  1. In der Wohnungseigentumsanlage X gibt es eine Veräußerungsbeschränkung mit folgendem Inhalt:

    "Zustimmung durch Eheleute Y und Z bzw. durch den Längstlebenden ist erforderlich".

    Ferner heißt es in der Gemeinschaftsordnung wie folgt:

    Die Vermietung und Veräußerung des Wohnungseigentumsrechtes Nr. X bedarf der Zustimmung der Eheleute Y und Z bzw. des Längstlebenden von ihnen.

  2. T wird am 28.1.1994 in der Wohnungseigentumsanlage X als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen. Auf seinem Wohnungseigentum lastet eine Grundschuld zu 110.000 DM für die Sparkasse S. Infolge einer Teilabtretung der S an A ist A in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 52.400 DM nebst Zinsen seit dem 26.5.2000 als Grundschuldgläubigerin in das Grundbuch eingetragen.
  3. A beantragt im April 2018 die Löschung der Verfügungsbeschränkung zugunsten der – zwischenzeitlich verstorbenen – Eheleute Y und Z. Zur Begründung führt A an, aus dem Grundpfandrecht die Zwangsvollstreckung betreiben zu wollen. Der bereits erteilte Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren sei wieder aufgehoben worden, weil das Vollstreckungsgericht in dem Veräußerungsverbot ein Verfahrenshindernis sehe. Mit dem Tode der durch die Veräußerungsbeschränkung begünstigten Eheleute sei das Grundbuch unrichtig geworden und dementsprechend zu berichtigen.
  4. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück. A verfüge bereits nicht über die erforderliche Antragsberechtigung im Sinne des § 13 GBO. Im Übrigen sei durch den Tod der Zustimmungsberechtigten die Verfügungsbeschränkung nicht entfallen, sondern durch das Erfordernis der Zustimmung aller Wohnungseigentümer ersetzt worden.
  5. Gegen diese Sichtweise richtet sich die Beschwerde. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Das Amtsgericht (AG) habe den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu Recht abgelehnt.

Antragsberechtigung

  1. A sei entgegen der Ansicht des Rechtspflegers antragsberechtigt. Werde eine Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB, § 22 GBO) beantragt, sei nämlich unmittelbar begünstigt in diesem Sinne auch der im Rang nachgehende Berechtigte, wenn das vorhergehende Recht gelöscht werde.
  2. Deshalb könne eine Berichtigung durch Eintragung des tatsächlich Berechtigten auch von demjenigen beantragt werden, der aufgrund eines gegen den Berechtigten vollstreckbaren Titels eine Eintragung in das Grundbuch verlangen könne, sofern die Zulässigkeit dieser weiteren Eintragung von der vorherigen Berichtigung des Grundbuches abhänge. Dabei sei § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO dahin auszulegen, dass antragsberechtigt in diesem Sinne derjenige sei, der das Vorliegen der Unrichtigkeit zu seinen Gunsten oder zu seinen Lasten schlüssig behaupte. Das sei hier der Fall. Ob die von A geltend gemachte Unrichtigkeit tatsächlich vorliege, sei dagegen eine Frage der Begründetheit ihres Antrages.

Unrichtigkeit des Grundbuches

In der Sache habe das AG den Berichtigungsantrag allerdings zu Recht abgelehnt. Denn eine zur Löschung der Veräußerungsbeschränkung führende Unrichtigkeit des Grundbuches könne nicht festgestellt werden.

  1. § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO lasse eine Berichtigung ohne Bewilligung der von ihr Betroffenen zu, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen werde. An diesen Nachweis seien strenge Anforderungen zu stellen. Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genüge nicht. Vielmehr seien alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstünden. Lediglich ganz entfernt liegende Möglichkeiten bräuchten nicht widerlegt zu werden. Unrichtig sei das Grundbuch, wenn dessen Inhalt nicht oder nicht mehr mit der materiellen Rechtslage übereinstimme (§ 894 BGB). Das sei u.a. der Fall, wenn das Grundbuch bezüglich einer – wie hier – eintragungsfähigen Verfügungsbeschränkung gemäß § 12 WEG mit der materiellen Rechtslage nicht (mehr) im Einklang stehe.
  2. Die Unrichtigkeit des Grundbuches könne eine ursprüngliche sein, etwa weil die Verfügungsbeschränkung materiell-rechtlich nie entstanden sei. Sie könne aber auch nachträglich dadurch eintreten, dass sich die Rechtslage ändere und dies zu einem Erlöschen der Verfügungsbeschränkung außerhalb des Grundbuches geführt habe. Auf Letzteres berufe sich die A, wenn sie unter Vorlage von Sterbeurkunden darauf verweise, dass die im Grundbuch durch die Veräußerungsbeschränkung begünstigten Eheleute Y und Z zwischenzeitlich verstorben seien.
  3. Insoweit sei eine Unrichtigkeit des Grundbuchs jedoch nicht nachgewiesen. Rechtsgeschäftlich bestellte Veräußerungsbeschränkungen entstünden und erlöschten mit ihrer Eintragung im Grundbuch. Soweit eine Veräußerungsbeschränkung vereinbart sei, bedürfte es zu deren Änderung oder Beseitigung eines entsprechenden Beschlusses (§ 12 Abs. 4 Satz 1 WEG). Im Übrigen sehe das Gesetz keine Gründe vor, die ohne Weiteres zum Erlöschen einer Verfügungsbeschränkung...

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