Leitsatz
Das OLG Bremen hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wie im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ein Miteigentumsanteil des Antragstellers an einem Grundstück zu bewerten ist.
Sachverhalt
Der Antragsgegner hatte Verfahrenskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren beantragt. Das Familiengericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsgegner sei nicht bedürftig, da er und die Antragstellerin jeweils zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks mit dem von dem Antragsgegner bewohnten Einfamilienhaus seien. Der Wert des Miteigentumsanteils des Antragsgegners betrage mindestens 39.000,00 EUR, Bedürftigkeit liege daher nicht vor.
Gegen den erstinstanzlichen Beschluss hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt.
Mit seinem Rechtsmittel erzielte er einen Teilerfolg.
Entscheidung
Das OLG hat in Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe bewilligt und angeordnet, dass er die auf ihn entfallenden Verfahrenskosten aus seinem Vermögen zu begleichen habe. Die Verpflichtung zum Vermögenseinsatz wurde dem Antragsgegner bis zum Ablauf des 31.12.2013 gestundet.
Das AG habe die Bedürftigkeit des Antragsgegners zu Recht verneint, da er über einzusetzendes Vermögen i.S.d. §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII verfüge. Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts auch insoweit, als das Grundstück nicht als ein für eine Person angemessenes Hausgrundstück i.S.d. §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII anzusehen sei. Diese Einschätzung stelle auch der Antragsgegner nicht in Frage. Das OLG war nicht der Auffassung, dass die Verwertung eines den Eheleuten gemeinsam gehörenden Grundstücks während der Trennungszeit grundsätzlich nicht in Betracht komme. Das Hausgrundstück unterfalle dem Schutz nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht als Vermögenswert, sondern als Familienheim. Die Verwertung könne daher nach Ablauf des Trennungsjahres zuzumuten sein, wenn beide Eheleute - wie im vorliegenden Fall - die Scheidung der Ehe beantragt hätten und das Scheitern der Ehe somit unwiderlegbar zu vermuten sei. In einem solchen Fall unterfalle das Grundstück der Eheleute nicht mehr dem Schutz als Familienheim.
Das OLG sah durchaus, dass dem Antragsgegner eine kurzfristige Verwertung seines hälftigen Miteigentumsanteils nicht ohne weiteres möglich sein würde. Allerdings führten diese möglichen Schwierigkeiten der zeitnahen Verwertung nicht dazu, dass Hausgrundstück als Schonvermögen zu behandeln. Vielmehr sei in diesem Fall anzuordnen, dass der aus dem Vermögen zu bezahlende Betrag gestundet werde (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.9.2008, FamRZ 2009, 138; OLG München, Beschluss vom 30.12.1997, OLGReport München 1998, 365; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.9.1986, FamRZ 1986, 1123 [1124].
Dabei handele es sich nicht um eine unzulässige Nachzahlungsanordnung, weil die Pflicht zur Begleichung der Verfahrenskosten nicht in Erwartung einer Verbesserung der Vermögensverhältnisse ausgesprochen werde, sondern wegen bereits vorhandenen Vermögens. Der Miteigentumsanteil sei bereits jetzt Vermögen des Antragsgegners, der Erlös aus einer möglichen Veräußerung sei daher nicht als Vermögenszuwachs, sondern lediglich als Vermögensumschichtung zu bewerten.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010, 4 WF 133/10