Leitsatz (amtlich)
1. Zur Verfassungsmäßigkeit einer Regelung des Bayerischen Krankenhausgesetzes, nach der die Mikroverfilmung medizinischer Daten von Krankenhauspatienten nur in einem Krankenhaus durchgeführt werden darf.
2. Grundsätzlich können auch Rechtsvorschriften ohne unmittelbar berufsregelnde Zielrichtung wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen den Schutzbereich des Grundrechts der Berufsfreiheit berühren. Im Einzelfall ist allerdings jeweils zu prüfen, wie eng der Zusammenhang zwischen einer solchen Regelung und dem davon mittelbar beeinflußten Beruf ist. Es kann Rechtsvorschriften geben, die dem mittelbar betroffenen Beruf nach Inhalt und Zielrichtung rechtlich so fern stehen, daß sie nicht an den verfassungsrechtlichen Kriterien für Berufswahl und Berufsausübung gemessen werden können.
3. Hat eine Rechtsvorschrift keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter, sondern lediglich mittelbare Auswirkungen auf einen Beruf, steht dem Normgeber ein weiterer Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu als bei einer unmittelbaren Regelung der Berufsausübung.
4. Entscheidungen eines Unternehmers über bestimmte Ausgestaltungen seines Betriebs sind noch nicht als Wahl eines besonderen Berufs anzusehen, wenn sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung nur einen Ausschnitt eines umfassenderen Berufs darstellen.
5. Der Gesetzgeber darf den Schutz der Patienten vor einer Weitergabe ihrer medizinischen Daten an Stellen außerhalb des Krankenhauses höher gewichten als das Interesse privater Mikrofilmunternehmer, diese Daten in ihrem Betrieb verfilmen zu dürfen.
6. Art. 109 Abs. 1 BV ist kein Prüfungsmaßstab für Berufsausübungsregelungen. In bezug auf die Berufstätigkeit untersagt diese Verfassungsnorm zur Sicherung der Freizügigkeit lediglich eine Differenzierung zwischen Ortsansässigen und Ortsfremden.
7. Bei Erfüllung des in Art. 153 Satz 1 BV enthaltenen Verfassungsauftrags, die selbständigen Kleinbetriebe und Mittelstandsbetriebe in Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie zu fördern, hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum.
8. Aus Art. 166 BV ergeben sich in bezug auf Berufsausübungsregelungen keine Grundsätze, die über die Gewährleistung der Berufsfreiheit in Art. 101 BV hinausreichen.
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Popularklageverfahrens ist die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung des Bayerischen Krankenhausgesetzes, nach der die Mikroverfilmung medizinischer Daten von Krankenhauspatienten nur in einem Krankenhaus durchgeführt werden darf. Der Antragsteller vertritt die Auffassung, diese Bestimmung greife in verfassungswidriger Weise in die Rechte privater Mikrofilmunternehmer ein.
Das Bayerische Krankenhausgesetz (BayKrG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Juli 1986 (GVBl S. 147; BayRS 2126-8-A) enthält in Art. 26 Regelungen über den Datenschutz. Bei der Verarbeitung und Mikroverfilmung von Patientendaten wird unterschieden zwischen solchen Daten, die zur verwaltungsmäßigen Abwicklung der Behandlung erforderlich sind, und anderen, im wesentlichen medizinischen Daten. Zur Verarbeitung und Mikroverfilmung der letzteren darf sich ein Krankenhaus gemäß Art. 26 Abs. 4 Satz 5 BayKrG nur anderer Krankenhäuser bedienen. Diese Regelung wurde gemäß § 1 Nr. 11 und § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Krankenhausgesetzes vom 18. Juli 1986 (GVBl S. 137) mit Wirkung vom 1. Januar 1987 neu in das Krankenhausgesetz eingefügt. Eine Übergangsregelung dazu enthält Art. 27 Abs. 3 BayKrG; soweit ein Krankenhaus am 1. Januar 1987 bei der Verarbeitung oder Mikroverfilmung von medizinischen Patientendaten entgegen der Neuregelung des Art. 26 Abs. 4 Satz 5 BayKrG verfuhr, ist dies noch bis zum 1. Januar 1992 zulässig.
Die Art. 26 und 27 BayKrG haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
Art. 26
Datenschutz
(1) Patientendaten sind alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse bestimmter oder bestimmbarer Patienten aus dem Bereich der Krankenhäuser. Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind auf Patientendaten die jeweils geltenden Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten anzuwenden.
(2) Patientendaten dürfen nur erhoben und aufbewahrt werden, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Krankenhauses oder im Rahmen des krankenhausärztlichen Behandlungsverhältnisses erforderlich ist oder der Patient eingewilligt hat. Der Patient ist in geeigneter Weise über die Bedeutung der Einwilligung aufzuklären.
…
(4) Der Krankenhausarzt darf Patientendaten nutzen, soweit dies im Rahmen des krankenhausärztlichen Behandlungsverhältnisses, zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung oder zu Forschungszwecken im Krankenhaus erforderlich ist. Er kann damit andere Personen im Krankenhaus beauftragen, soweit dies zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich ist. Die Krankenhausverwaltung darf Patientendaten nutzen, soweit dies zur verwaltungsmäßigen Abwicklung der Behandlung der Patienten erforderlich ist. Das Krankenhaus kann sich zur Verarbeitung und Mikroverfi...