Leitsatz
- Bei der ortsüblichen Miete i.S.v. § 558 BGB handelt es sich nicht um einen punktgenauen Wert; vielmehr bewegen sich die üblichen Entgelte innerhalb einer gewissen Spanne.
- Daraus folgt weder, dass eine Mieterhöhung ausgeschlossen ist, wenn der untere Wert der Spanne bereits erreicht ist. Andererseits hat der Vermieter aber auch keinen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung entsprechend dem oberen Spannenwert.
- Vielmehr ist es Aufgabe des Instanzgerichts, aus der Spanne die sog. Einzelvergleichsmiete auszuwählen. Soweit in der Gemeinde kein Mietspiegel besteht, kann sowohl die Spanne als auch die Einzelvergleichsmiete durch einen Sachverständigen ermittelt werden.
- Die Einzelvergleichsmiete ist nicht identisch mit dem Mittelwert der Spanne. Vielmehr kann sie über diesem Wert (bis zum Oberwert), aber auch darunter (bis zum Unterwert) liegen.
- Eine vom Gesetz vorgegebene verbindliche Methode zur Bestimmung der Einzelvergleichsmiete besteht nicht. In der Regel ist die Einordnung innerhalb der Spanne "aufgrund zusätzlicher qualitativer Kriterien" vorzunehmen. Ebenso ist es möglich, vom Mittelwert auszugehen und "aufgrund besonderer Qualitätsmerkmale der zu bewertenden Wohnung Zu- oder Abschläge vorzunehmen".
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB § 558
Kommentar
In dem Ausgangsfall geht es um eine Mieterhöhung für eine in Karlsruhe gelegene Wohnung. Die bisherige Kaltmiete für die 193,6 qm große Wohnung beträgt 1.250 EUR, also 6,45 EUR/qm. Der Vermieter begehrt Zustimmung zur Mieterhöhung um 200 EUR auf 1.450 EUR = 7,48 EUR/qm. In Karlsruhe besteht kein Mietspiegel. Das Amtsgericht hat mit der Ermittlung der ortsüblichen Miete einen Sachverständigen beauftragt. Dieser hat auf der Grundlage von 11 Vergleichswohnungen eine Mietspanne zwischen 6,05 EUR/qm und 8,00 EUR/qm ermittelt. Hieraus errechnet sich ein Mittelwert von 7,02 EUR/qm. Die Instanzgerichte haben der Zustimmungsklage in voller Höhe stattgegeben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vermieter grundsätzlich eine Erhöhung bis zum oberen Spannenwert verlangen kann.
Der BGH hat das Urteil aufgehoben: Er führt zur Begründung aus, dass zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete i.S.d. § 558 BGB und der Einzelvergleichsmiete zu unterscheiden ist. Für den Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist die Einzelvergleichsmiete maßgeblich. Für das Verhältnis der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Einzelvergleichsmiete und deren Ermittlung hat der BGH die in den Leitsätzen dargelegten Grundsätze entwickelt.
In einem weiteren Teil der Entscheidung befasst sich der BGH mit der Frage, in welchem Verhältnis Neuvermietungen und Bestandsmieten zu berücksichtigen sind. Er führt dazu aus, dass dies in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht ausdrücklich geregelt sei. Deshalb sei es Aufgabe des Tatrichters, auf ein angemessenes Verhältnis von Neuvermietungen und Bestandsmietenänderungen zu achten.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 29.2.2012, VIII ZR 346/10, NJW 2012 S. 1351