Leitsatz
Das aus einem Einzelwirtschaftsplan geschuldete Hausgeld steht unter dem Vorbehalt der Korrektur durch die nach Ablauf des Wirtschaftsjahres genehmigte Abrechnung.
Normenkette
§§ 62 Abs. 2, 28 Abs. 2 WEG
Das Problem
Wohnungseigentümer W schuldet nach dem Einzelwirtschaftsplan für 2011 noch Hausgeld in Höhe von 159,89 EUR. Nach der Abrechnung für 2012 steht ihm für das Wirtschaftsjahr 2011 nach seinen bereits geleisteten Hausgeldzahlungen hingegen ein Guthaben über 126,44 EUR zu. Er ist deshalb nicht bereit, das Hausgeld zu bezahlen. Er "verrechnet" dieses mit seinem Guthaben. Dies hält die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht für richtig. Sie klagt daher die 159,89 EUR ein.
Entscheidung
- Überwiegend erfolglos! Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe gegen W gemäß §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 WEG in Verbindung mit dem Wirtschaftsplan 2011 nur einen Anspruch auf Zahlung von 33,45 EUR. In Höhe von 126,44 EUR könne W dem Anspruch aus Hausgeld die rechtsvernichtende Einwendung der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegenhalten. Die Rechtsausübung in dieser Höhe sei unzulässig. Der Gemeinschaft fehle insoweit ein schutzwürdiges Eigeninteresse. Sie fordere eine Leistung, die alsbald zurückzugewähren wäre ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est").
- Grundsätzlich bleibe § 28 Abs. 2 WEG nach Abschluss des Wirtschaftsjahres alleinige Anspruchsgrundlage für Vorschusszahlungen. Der Beschluss der Abrechnung habe keine Verdoppelung des Rechtsgrunds zur Folge (Hinweis auf BGH v. 1.6.2012, V ZR 171/11 sowie BGH v. 9.3.2012, V ZR 147/11). Der Beschluss über die Abrechnung lasse den früheren Beschluss des Einzelwirtschaftsplans unberührt. Dabei entspreche es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Abrechnung die Differenz zwischen den Sollzahlungen und den tatsächlichen Ausgaben ausweise. Denn das sei die Abrechnungsspitze. Ein Beschluss über eine Abrechnung, welche die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlungen und den Ausgaben ausweist, wäre sogar – zumindest wenn die tatsächlichen Zahlungen nicht den Sollzahlungen entsprechen – mangels Beschlusskompetenz nichtig.
- Jedoch stünden die gemäß § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse unter dem Vorbehalt der Korrektur durch die später nach Ablauf des Wirtschaftsjahres genehmigte Abrechnung. Bei der Ausweisung der Differenz zwischen Sollzahlungen und tatsächlichen Ausgaben in der Abrechnung und einem Guthabenbetrag folge dementsprechend eine Deckelung der vom Wohnungseigentümer noch zu zahlenden Hausgeldrückstände daraus, dass der Forderung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe.
- Die Deckelung sei begrenzt auf den Guthabenbetrag aus der Abrechnung. Der weitere Differenzbetrag in Höhe von 33,45 EUR zwischen dem Guthabenbetrag in Höhe von 126,44 EUR und dem Hausgeldrückstand in Höhe von 159,89 EUR sei aus dem Rückstand aus dem Wirtschaftsplan 2011 geschuldet.
Kommentar
Anmerkung:
Die Entscheidung erinnert daran, dass die Abrechnung die Ansprüche aus einem Wirtschaftsplan begrenzen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Soll-Hausgelder großzügig bemessen waren und einem Wohnungseigentümer nach der Abrechnung ein Guthaben zusteht.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Das Verhältnis zwischen Wirtschaftsplan und Abrechnung bereitet in der Praxis vielen Verwaltern immer wieder Probleme. Beispiel: Wohnungseigentümer W schuldet für 2014 ein monatliches Hausgeld von 400 EUR, mithin für das ganze Jahr 4.800 EUR. Entfällt auf das Wohnungseigentum von W nach der Abrechnung für 2014 nur ein Betrag von 4.300 EUR, steht ihm ein Guthaben von 500 EUR zu. So weit, so gut. Was folgt hieraus aber für den Anspruch aus dem Wirtschaftsplan? Das kommt darauf an:
- Hatte W sein Hausgeld vollständig bedient, ist ihm das Guthaben auszukehren.
- Hatte W sein Hausgeld nur in Höhe von 4.000 EUR gezahlt, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen das Guthaben aufrechnen. Der Anspruch aus dem Wirtschaftsplan (es stehen ja noch 800 EUR aus) ist dann in Höhe von 500 EUR erloschen. W schuldet aus dem Wirtschaftsplan daher noch 300 EUR. Er schuldet sogar 800 EUR, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht aufrechnet. Allerdings kann er dann aufrechnen. Meinte man, eine Aufrechnung mit einem Guthaben aus einer Abrechnung sei nicht möglich, steht W jedenfalls das Recht zu, nach § 242 BGB die Zahlung zu verweigern. Dies ist jedenfalls genau die Lösung der hier vorgestellten Dortmunder Entscheidung. Sie "bricht" also im Ergebnis mit dem "Aufrechnungsverbot". Mich überzeugt das. Denn W hätte auch in Höhe seines Guthabens Widerklage erheben können.
Link zur Entscheidung
LG Dortmund, Urteil vom 24.06.2014, 1 S 18/13