Leitsatz
Der Anspruch auf Gewährung des Rechtsschutzes ist fällig, wenn sich für den Versicherungsnehmer die Notwendigkeit einer rechtlichen Interessenwahrnehmung so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss; dies ist bereits dann der Fall, wenn er einen Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung beauftragt. Ob es dem Versicherungsnehmer überlassen war, zunächst zu versuchen, mit seinem Gläubiger eine gütliche Einigung zu erzielen, ist für den Zeitpunkt des Anspruchs auf Gewährung des Rechtsschutzes und damit für den Eintritt der Verjährung unerheblich.
Normenkette
§ 11 VVG, § 12 Abs. 1 VVG, § 1 ARB, § 2 Abs. 2 ARB
Sachverhalt
Der Kl. erlitt am 22.10.1993 einen schweren Verkehrsunfall, bei dem sein Pkw schwer beschädigt und er selbst verletzt wurde. Zur Wahrung seiner rechtlichen Interessen gegenüber dem Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer beauftragte er zunächst Rechtsanwälte in B/R und anschließend Rechtsanwälte in D. Diese wandten sich mit Schreiben vom 16.12.1993 an die gegnerische Haftpflichtversicherung. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 15.01.1996 machte der Kl. Rechtsschutz geltend. Die Bekl. erhob die Einrede der Verjährung.
Das OLG hat die Klage wegen Verjährung des Anspruchs auf Gewährung von Rechtsschutz zurückgewiesen.
Entscheidung
Das OLG verwies zunächst darauf, dass nach § 12 Abs. 1 VVG Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in zwei Jahren verjähren. Die Verjährung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann. Für die Beurteilung der Frage, wann die Versicherungsleistung i. S. d. § 12 Abs. 1 S. 2 VVG verlangt werden könne, sei der Zeitpunkt der Fälligkeit des Versicherungsanspruchs maßgebend.
In der Rechtsschutzversicherung sei in § 2 Abs. 2 ARB 75 nur die Fälligkeit der Hauptleistung, nämlich die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten geregelt. Dieser Anspruch sei fällig, wenn die Rechnung über fällige Kosten dem Versicherungsnehmer vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer also von seinem Gläubiger in Anspruch genommen werde. Um solche Kosten gehe es hier indes nicht, da der Kl. von der Bekl. Deckungsschutz für eine von ihm erst noch beabsichtigte Klage gegen seinen Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer begehrt.
Wann der Anspruch auf Gewährung des Rechtsschutzes - als Verpflichtung des Versicherers zur Sorgeleistung (§ 1 ARB) - fällig ist, könne weder den ARB noch § 11 VVG entnommen werden. Nach überwiegender Meinung, der sich der Senat anschließe, sei dies der Fall, wenn sich für den Versicherungsnehmer die Notwendigkeit einer rechtlichen Interessenwahrnehmung so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss. Die abweichende Ansicht des OLG Frankfurt (VersR 91, 66), nach der - jedenfalls beim Rechtsschutz für eine aktive Rechtsverfolgung - die Fälligkeit des Rechtsschutzversicherungsanspruchs erst mit der Meldung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer, also regelmäßig mit dem Antrag auf Deckungszusage eintritt, überzeuge nicht. Insbesondere werde sie nicht durch die Begründung getragen, dass es dem Versicherungsnehmer nach den ARB überlassen bleibe, ob und wann er den Versicherungsfall meldet und Deckungsschutz in Anspruch nimmt. Dies sei keine Besonderheit der Rechtsschutzversicherung. Entscheidend sei bei dieser nach Überzeugung des Senats vielmehr, dass der Versicherungsnehmer dann, wenn sich für ihn konkret das Entstehen von Rechtskosten zur Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen abzeichnet, den Versicherer in Anspruch nehmen und bei Versagung der Deckungszusage auf entsprechende Leistung verklagen kann. Damit trete zu diesem Zeitpunkt die Fälligkeit des generellen Versicherungsschutzes ein und beginne mit dem Schluss des entsprechenden Jahres die Verjährung zu laufen.
Ansprüche aus der mit der Bekl. abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung habe der Kl. schon im Jahr 1993 geltend machen können, so dass die Verjährungsfrist Ende 1993 begonnen habe und Ende 1995 abgelaufen sei. Die Geltendmachung des Rechtsschutzes mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 15.01.1996 sei daher verspätet gewesen.
Ob es dem Kl. überlassen war, zunächst zu versuchen, mit dem Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer eine gütliche Einigung zu erzielen, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass aus der Sicht des Versicherungsnehmers der Versicherungsfall, aus welchen Gründen auch immer, die Notwendigkeit einer rechtlichen Interessenwahrnehmung auslöst. Wenn der Versicherungsnehmer, wie hier der Kl., einen Rechtsanwalt beauftragt, zeige er damit, dass er des rechtlichen Schutzes bedarf.
Ohne Erfolg berufe sich der Kl. auch darauf, dass er bei den außergerichtlichen Verhandlungen mit der gegnerischen Versicherung von einer einverständlichen Einigung habe ausgehen dürfen, so dass die von ihm nunmehr beabsichtigte Klage nicht zur Diskussion gestanden habe. Dies ändere nichts daran, dass der Versicherungsanspruch des Klägers bereits im Jahre 1993 bestand und der Kl. die...