Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 313 BGB, § 325 BGB, § 434 BGB, § 437 BGB, § 440 BGB, § 166 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Unter vertraglich vereinbartem Gewährleistungsausschluss wurde in Berlin eine Eigentumswohnung für DM 590.000,- verkauft und auch ein über dieser DG-Wohnung liegender "Spitzboden"mit einer Fläche von etwa 70 qm (über Innentreppe zugänglich). Dieser Raum gehörte jedoch nach Aufteilung und Abgeschlossenheit zum Gemeinschaftseigentum.
Die Käufer als Kläger verlangten Schadenersatz in Höhe von DM 140.000,- mit der Begründung, dass ihnen der Dachraum als mit zum Sondereigentum (Wohnung) gehörend verkauft worden sei. Die Klage wurde vom Landgericht (LG) abgewiesen, ebenso die Berufung der Kläger vom Oberlandesgericht (OLG). Hiergegen richtete sich die Revision, im Ergebnis mit Erfolg.
2. Entgegen der Meinung der Revision war zwar der Wille der Parteien bei Abschluss des Vertrages - abweichend vom Vertragswortlaut - nicht übereinstimmend darauf gerichtet, Sondereigentum an dem über der Wohnung gelegenen Spitzboden zu übertragen. Ob die Kläger (Käufer) aufgrund der Angaben im Maklerexposé und der Erklärungen der verkaufenden Beklagten davon ausgegangen sind, Kaufgegenstand sei auch das Sondereigentum am Dachraum, kommt es nicht an. Die einseitige Vorstellung einer Vertragspartei ist für die Bestimmung des Vertragsinhalts nur dann von Bedeutung, wenn der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden erkennt und in Kenntnis dessen Willens den Vertrag schließt ( BGH, Entscheidung vom 13. 2. 1989, Az.: II ZR 179/88). Dass die verkaufenden Beklagten einen etwaigen Irrtum der Kläger über den Umfang des Sondereigentums erkannt hätten, wurde vom Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Revision, die lediglich auf die Vorstellungen der Kläger abstellt, nicht geltend gemacht.
Auch Erklärungen, die nach Behauptung der Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages gegeben wurden, lassen nicht darauf schließen, dass Sondereigentum am Spitzboden übertragen werden sollte. Unstreitig haben die Beklagten bezüglich des Spitzbodens weder von Eigentum noch von Wohnungs- oder Sondereigentum gesprochen.
Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die angebliche Zugehörigkeit des Spitzbodens (als "Hobbyraum") zur Wohnung nicht nur die tatsächliche Möglichkeit, sondern auch das Recht zur alleinigen Nutzung dieses Dachraumes voraussetzt. Es berücksichtigt nicht hinreichend den Wortlaut dieser Erklärung der Beklagten und verletzt den Grundsatz einer möglichst nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGH vom 7. 6. 1991, NJW 91, 2488, 2489). Haben die Beklagten erklärt, zur Wohnung "gehöre" ein Hobbyraum, ist das verkaufte Wohnungseigentum im Hinblick darauf, dass an diesem Raum weder Sondereigentum noch ein Sondernutzungsrecht besteht, mit einem Rechtsmangel ( §§ 434, 437 BGB) behaftet, der nicht vom vereinbarten Gewährleistungsausschluss erfasst ist und deshalb grundsätzlich einen Schadenersatzanspruch nach den §§ 440 Abs. 1, 325 BGB begründet.
3. Aus diesem Grund musste das angefochtene Urteil des OLG aufgehoben werden. Das Verfahren bedurfte der Zurückverweisung, weil das Berufungsgericht (von seinem Standpunkt aus folgerichtig) nicht geprüft hat, ob der Makler, der als Vertreter der Kläger handelte ( § 166 Abs. 1 BGB), wusste, dass die Nutzung des Spitzbodens nicht durch ein (Sonder-)Nutzungsrecht gesichert war. Sollte die Beweisaufnahme die behauptete Kenntnis bestätigen, hätten die Beklagten den Mangel im Rechte nicht zu vertreten ( § 439 Abs. 1 BGB). Sollte das weitere Verfahren ergeben, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist, müssten auch Feststellungen zur Höhe des Schadens getroffen werden. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass der wegen des nicht bestehenden Sondernutzungsrechts (ggf.) zu ersetzende Schaden nicht identisch ist mit der Wertdifferenz zu der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit, die bei fehlendem Sondereigentum anzunehmen wäre.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 28.02.1997, V ZR 27/96)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung