Leitsatz
1. Art. 25 der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass die gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieses Artikels definiert sind, gilt und dass die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Regelung dieser Richtlinie unterliegen.
2. Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich in Verbindung mit Anhang B der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass die Verpachtung von Jagdbezirken durch einen Pauschallandwirt keine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinn dieser Richtlinie darstellt.
Normenkette
Art. 25 (? 24 UStG) 6. EG-RL
Sachverhalt
Eine Gemeinde hatte u.a. Einnahmen aus der Jagdverpachtung. Sie meinte, diese unterlägen der Pauschalregelung des ? 24 UStG. Das FA war der Auffassung, diese Jagdverpachtungen seien nicht zu den land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen i.S.d. ? 24 UStG zu rechnen, sondern nach den allgemeinen Vorschriften mit dem Regelsteuersatz zu versteuern.
Das FG (EFG 2003, 1127) gab der Klage statt, weil die Jagdverpachtung nicht den Betrieb einer bloßen Vermögensverwaltung übersteige.
Entscheidung
Der BFH wird nun die Grundsätze im Revisionsverfahren umsetzen.
Hinweis
Der EuGH hat die Vorlage des BFH vom 27.11.2003, V R 28/03 (BFH-PR 2004, 191) schnörkellos beantwortet; die Antwort setzt einen weiteren Akzent zur Beurteilung der landwirtschaftlichen Dienstleistungen.
1. Aus den Erfordernissen der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts wie auch des Gleichheitsgrundsatzes ergibt sich, dass den Begriffen einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Bestimmung ihres Sinns und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, normalerweise in der gesamten Gemeinschaft eine autonome und einheitliche Auslegung zu geben ist, die unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Vorschrift und des mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziels zu ermitteln ist (Rdnr. 24).
2. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nur solche, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen (Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL) und nach ihrem Anhang B, insbesondere die "Vermietung normalerweise in (land)wirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken". Die Verpachtung von Jagdbezirken wird in diesen Vorschriften nicht ausdrücklich genannt und erfüllt auch nicht die darin aufgestellten Voraussetzungen.
3. Ebenso wie andere Sonderregelungen der 6. EG-RL – z.B. die Befreiungsvorschriften – darf auch Art. 25 der 6. EG-RL also nur insoweit angewandt werden, als dies zur Erreichung des Ziels der Regelung erforderlich ist (Rdnr. 27).
Das mit der Pauschalregelung verfolgte Ziel entspricht dem Vereinfachungserfordernis. Die Regelung soll die Belastung durch die Steuer auf die von den Landwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen dadurch ausgleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen (Rdnr. 27).
4. Die formale Eigenschaft als landwirtschaftlicher Erzeuger ist nur ein Kriterium für die Pauschalbesteuerung; sie hängt aber zusätzlich auch von der Art der Geschäfte ab, die dieser tätigt. Es muss sich um eine "landwirtschaftliche Dienstleistung" handeln. Wenn in Anhang B zu Art. 25 als Beispiel einer landwirtschaftlichen Dienstleistung die Verpachtung erwähnt ist, muss es sich um eine Verpachtung handeln, die einem landwirtschaftlichen Zweck dient und sich auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel bezieht. Die Jagdverpachtung fällt nicht hierunter; deren Einbeziehung entspräche weder der Art noch dem Ziel der genannten Regelung (Rdnr. 29).
5. Andere Umsätze als die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen i.S.v. Art. 25 Abs. 2 der 6. EG-RL, die der Pauschallandwirt im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs tätigt, unterliegen der Regelbesteuerung (Radnrn. 20, 21).
Beachten Sie: Soweit ein Pauschallandwirt Umsätze ausführt, die nicht normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen (z.B. die Verpachtung von Grundstücken mit Zubehör; die Beherbergung und Beköstigung von Feriengästen auf dem Bauernhof; die zeitweise Abgabe von Speisen und Getränken in sog. Buschwirtschaften oder bei "Hoffesten", die Dienstleistungen im Rahmen eines Reiterhofs), dürfen diese nach Art. 25 der 6. EG-RL nicht zu einem Pauschalausgleich führen. Das ist auch bei der Auslegung des ? 24 UStG zu beachten.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 26.5.2005, Rs. C-43/04 – Stadt-Sundern