Leitsatz
Die Klägerin nahm ihren geschiedenen Ehemann auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch. Sie war Alleineigentümerin des früheren ehelichen Hausgrundstücks, das von ihr verkauft worden war. Als Zugewinnausgleich hatte sie an den Ehemann 37.520,00 EUR gezahlt, die inzwischen von ihm verbraucht worden waren.
Von dem Rest des Verkaufserlöses hatte die Klägerin Schulden bezahlt und Aufwendungen getätigt. Die Klägerin war nicht erwerbstätig, dem geschiedene Ehemann verblieb nach Zahlung des Unterhalts für das gemeinsame Kind ein Nettoeinkommen von allenfalls 1.225,00 EUR monatlich.
Kernproblem des Falles war die Frage, ob und in welchem Umfang die Klägerin ihr Vermögen für ihren Unterhalt einsetzen musste.
Erstinstanzlich war ihr Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts zurückgewiesen worden. Auch die von ihr hiergegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach die Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts jedenfalls zurzeit nicht begründet sei. Die Klägerin könne nicht als bedürftig angesehen werden, da sie gem. § 1577 Abs. 3 BGB gehalten sei, neben den Zinsen auch den Stamm ihres Vermögens zur Bedarfsdeckung einzusetzen.
Unter Abwägung aller erkennbaren Umstände sei ihr zuzumuten, einen Betrag von 40.000,00 EUR in vollem Umfang einzusetzen.
Zwar brauche der Unterhaltsberechtigte den Stamm seines Vermögens gem. § 1577 Abs. 3 BGB dann nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Von einer solchen war hier nach Auffassung des OLG nicht auszugehen.
Die Klägerin hatte aus dem Verkauf des ihr gehörenden Hauses einen Erlös von rund 207.000,00 EUR erzielt. Davon habe sie Verbindlichkeiten bei der Bank und dem Sozialamt abgelöst sowie andere Ausgaben bestritten, so dass ihr nach ihren Angaben Ende 2003/Anfang 2004 noch ein Kapitalbetrag von rund 132.500,00 EUR zur Verfügung gestanden habe. Hiervon habe sie an den Beklagten einen Vermögensausgleich von 37.520,00 EUR geleistet, so dass noch ein Betrag von 94.980,00 EUR verblieben sei.
Das OLG hielt es für gerechtfertigt und im Hinblick auf eine sonst ggf. zu besorgende "Doppelberücksichtigung" bei dem Vermögensausgleich einerseits und bei der Unterhaltsberechnung andererseits für geboten, der Klägerin einen gleich hohen Freibetrag zuzubilligen. Danach verblieben ihr noch 57.460,00 EUR.
Auch bei Zubilligung eines weiteren "Freibetrages" von ca. 17.460,00 EUR für Notfälle und sonstige Unwägbarkeiten verbleibe ein zur Bedarfsdeckung einzusetzendes Vermögen von ca. 40.000,00 EUR, das in vollem Umfang zur Deckung ihres derzeitigen Aufstockungsbedarfs heranzuziehen sei.
Hierbei stellte das OLG in Rechnung, dass der Klägerin ein erhebliches Vermögen verblieb, während der Beklagte ohne Vermögen zur Deckung seines Lebensbedarfs allein auf sein laufendes Erwerbseinkommen angewiesen sei. Nach Abzug des Kindesunterhalts und des "Anreizsiebtels" verblieben ihm rund 1.225,00 EUR monatlich. Es müsse daher bei verständigen Beteiligten auf Unverständnis stoßen, wolle man ihn im Hinblick auf das bei der Klägerin noch vorhandene Vermögen dazu verpflichten, nachehelichen Unterhalt zu zahlen, da er dann jedenfalls der Grenze seiner Leistungsfähigkeit nahe käme.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2006, 7 UF 154/05