1 Leitsatz
Ein vollmachtgebender Wohnungseigentümer kann die anderen Wohnungseigentümer entsprechend § 174 Satz 2 BGB von einer Bevollmächtigung beispielsweise des Verwalters informieren.
2 Normenkette
§ 25 Abs. 3 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K erhebt eine Anfechtungsklage. Er meint, Verwalter V habe für einen Wohnungseigentümer X nicht abstimmen dürfen. V hatte zwar von X eine Vollmacht erhalten, konnte diese dem K in der Versammlung aber nicht vorzeigen.
4 Die Entscheidung
Das LG meint, dieser Umstand schade nicht! Zwar bedürften Vollmachten gemäß § 25 Abs. 3 WEG der Textform. Richtig sei auch, dass ein Bevollmächtigter, der seine Vollmachtsurkunde nicht vorlege, gemäß § 174 Satz 1 BGB grundsätzlich mit der Folge zurückgewiesen werden könne, dass – trotz Vorhandenseins der Vollmacht – er von der Vollmacht keinen Gebrauch machen könne. Es bestehe aber entsprechend § 174 Satz 2 BGB kein Zurückweisungsrecht, wenn der Bevollmächtigende die übrigen Wohnungseigentümer über die Vollmachtserteilung anderweitig informiert habe. X habe im Fall die Wohnungseigentümer über ein Videotelefonat über die Vollmacht informiert.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob ein Verwalter seine Vollmacht für einen Wohnungseigentümer nachgewiesen hat.
Vollmachten für eine Versammlung
Nach § 25 Abs. 3 WEG bedürfen Vollmachten zu ihrer Gültigkeit der Textform. Die Prüfung obliegt jedenfalls dem Verwalter namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Ob auch die Wohnungseigentümer prüfen dürfen, ist heutzutage unklar. Überwiegend wird, was die Kammer allerdings offenlässt, vertreten, es habe sich nichts geändert. Eine Prüfung war Wohnungseigentümer K jedenfalls nicht möglich. Er wurde indes, wie die anderen Wohnungseigentümer, vom Vollmachtgeber fernmündlich informiert. Wäre neben § 174 Satz 1 BGB auch § 174 Satz 2 BGB anwendbar, was überwiegend bejaht wird, ist die Entscheidung daher wohl richtig.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Eine Verwaltung sollte stets in der Lage sein, ihr erteilte Vollmachten zur Prüfung vorzuzeigen! Der Verwalter hatte im Fall die Versammlung zu Wohnungseigentümer K im Übrigen gestreamt. Einen Beschluss nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG gab es aber nicht. Das rügte K. Das LG meinte, hierin liege kein formaler Beschlussmangel. Durch die Zuschaltung des K sei weder ein Teilnahme- noch ein Mitwirkungsrecht der Wohnungseigentümer verletzt worden. Fragen der DSGVO hat das LG dabei nicht geprüft. Tatsächlich könnte aber ein Verstoß gegen Art. 6 DSGVO vorliegen!
6 Entscheidung
LG München I, Urteil v. 9.8.2023, 1 S 16489/22