Leitsatz

Getrennt lebende Eheleute stritten sich um einen Teil des Hausrats, den der Ehemann anlässlich seines Auszuges ohne Einwilligung und Absprache mit der Ehefrau aus der ehelichen Wohnung mitgenommen hat.

 

Sachverhalt

Die Parteien lebten voneinander getrennt. Der Ehemann war Anfang Mai 2004 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Die Ehefrau verblieb dort. Im Zuge seines Auszuges hatte der Ehemann ohne Einwilligung und Absprache mit der Ehefrau diverse Hausratsgegenstände mitgenommen.

Die Ehefrau beantragte daraufhin bei dem Familiengericht, dem Ehemann aufzugeben, die von ihr benannten Gegenstände sowie weitere Gegenstände an sie zurückzugeben. Der Ehemann vertrat die Auffassung, die Anträge seien unzulässig.

Das Familiengericht hat durch Beschluss vom 10.3.2005 den Anträgen der Ehefrau in vollem Umfang stattgegeben und dem Ehemann auferlegt, die von ihr verlangten Gegenstände in die ehemalige Ehewohnung zurückzubringen.

Der Ehemann hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Die Ehefrau hat deren Zurückweisung beantragt.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde des Ehemannes für teilweise begründet und gab ihm durch Beschluss auf, einen Teil der von ihm mitgenommenen Gegenstände in die Ehewohnung zurückzubringen.

Zu der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage, ob im Fall der Wegnahme von Hausratsgegenständen im Wege der verbotenen Eigenmacht an sich gegebene Besitzschutzansprüche aus § 861 BGB zwischen getrennt lebenden Ehegatten vor dem Familiengericht uneingeschränkt geltend gemacht werden können oder ob und gegebenenfalls in welcher Weise ein solcher Anspruch aus § 861 BGB durch § 1361a BGB ausgeschlossen oder modifiziert wird, hat das OLG sich nicht abschließend geäußert und die Auffassung vertreten, hierzu müsse eine Entscheidung in der Beschwerdeinstanz nicht getroffen werden. Dies mit der Begründung, gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG werde seine Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren allein dadurch begründet, dass das Familiengericht in I. Instanz entschieden hat. Zu dem Verhältnis zwischen § 861 und § 1361a BGB hat das OLG die Auffassung vertreten, dass § 1361a BGB für die Beurteilung von Herausgabeansprüchen jedenfalls dann eine Rolle spiele, als ein solcher Anspruch dann nicht besteht, wenn und soweit die herausverlangten Gegenstände nach den Kriterien des § 1361a Abs. 1 und 2 BGB dem Ehemann zur vorübergehenden Nutzung während des Getrenntlebens zuzusprechen sind. Es erscheine nicht sachgerecht, nach § 861 BGB die Rückgabe von Gegenstände anzuordnen, die der Ehemann umgehend nach § 1361a BGB wieder zurückverlangen könnte. Dies führe abweichend von der vom erstinstanzlichen Gericht vertretenen Auffassung dazu, dass der geltend gemachte Anspruch nicht nur dann scheitert, wenn der Ehemann die Hausratsgegenstände zur eigenen Nutzung dringend benötigt, sondern auch dann, wenn er nachweist, dass er Alleineigentum an einem der betroffenen Gegenstände hat und die Voraussetzungen des § 1361a Abs. 1 S. 2 BGB in der Person der Ehefrau nicht vorliegen oder im Miteigentum der Eheleute stehende Gegenstände nach § 1361a Abs. 2 BGB dem Ehemann zuzusprechen sind. Im Übrigen vertrat das OLG die Auffassung, es sei im Einzelfall zu unterscheiden, ob und inwieweit insbesondere im Hinblick auf § 1361a Abs. 2 BGB auch auf die bisherige Verteilung der bisherigen Hausratsgegenstände abgestellt werden muss. Hinsichtlich des nach dem Sachvortrag der Parteien in deren beiderseitigem Miteigentum stehenden Barock-Schrank ordnete es die Rückschaffung zur Ehefrau mit der Begründung an, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Ehemann den Schrank zur Führung seines Haushalts benötige. Ferner könne nicht festgestellt werden, dass der Schrank dem Ehemann gem. § 1361a Abs. 2 BGB nach den Grundsätzen der Billigkeit zur weiteren Nutzung während des Getrenntlebens zu überlassen war.

Die Ehefrau benötige für sich und die beiden bei ihr lebenden Kinder mehr Aufbewahrungs- und Stauraum als der Ehemann, es entspreche daher der Billigkeit, ihr den Schrank zur vorübergehenden Nutzung zuzuweisen.

Eine Rückschaffung des Wäschetrockners zu der Ehefrau wurde mit der Begründung angeordnet, sie habe nicht nur ihre, sondern auch die Wäsche der Kinder zu versorgen und sei deshalb mehr als der Ehemann auf einen einwandfrei funktionierenden Trockner angewiesen. Hinsichtlich der Weingläser hat das OLG die Rückgabe an die Ehefrau nach einer insoweit signalisierten Bereitschaft des Ehemannes angeordnet, zumal auch nicht ersichtlich sei, dass er auf diese Gläser unbedingt angewiesen sei.

 

Hinweis

Nach wie vor ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob im Fall der Wegnahme von Hausratsgegenständen im Wege der verbotenen Eigenmacht Besitzschutzansprüche aus § 861 BGB zwischen getrennt lebenden Ehegatten vor dem Familiengericht uneingeschränkt geltend gemacht werden können oder ein Anspruch aus § 861 BGB durch § 1361a BGB ausgeschlossen und modifiziert wird. Ein Überblick über die insoweit vertretenen unterschiedlichen Auffassungen ergib...

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