Leitsatz
Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, wie der Ehezeitanteil eines kommunalen Wahlbeamten zu ermitteln ist, wenn sich erst nach dem Ende der Ehezeit durch den nachträglichen Eintritt der maßgebenden Voraussetzungen der Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften ergibt.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um den Versorgungsausgleich und im Rahmen dessen über die Bewertung der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften des Ehemannes, bei dem es sich um einen kommunalen Wahlbeamten handelte. Bei Ende der Ehezeit bestand für ihn noch keine Aussicht auf eine beamtenrechtliche Versorgung. Erst nach dem Ende der Ehezeit, jedoch vor der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, erfolgte seine Wiederwahl zum Bürgermeister, die ihm bei Ende der neuen Amtsperiode die Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand mit der Folge einer beamtenrechtlichen Versorgung einbrachte.
Es stellte sich die Frage, ob für die Beurteilung der erworbenen Versorgungsanwartschaften eines Wahlbeamten das Ende der Ehezeit oder der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung maßgebend ist. Im letzteren Fall würde der nachehezeitliche Erwerb einer beamtenrechtlichen Position im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen sein.
Das OLG hatte in seiner Entscheidung über den Versorgungsausgleich beim Ehemann die Zeit als kommunaler Wahlbeamter nach § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB, also als Anrecht nach beamtenrechtlichen Vorschriften, zugrunde gelegt. Auf die Rechtsbeschwerde des Ehemannes hat der BGH die Entscheidung des OLG diesbezüglich aufgehoben.
Entscheidung
Der BGH vertrat die Auffassung, für die Berechnung des Ehezeitanteils sei auf den versorgungsrechtlichen Status zum Ende der Ehezeit abzustellen. Da zu diesem Zeitpunkt noch kein Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung bestanden habe bzw. noch unsicher gewesen sei, sei die Ermittlung des Ehezeitanteils auf der Grundlage einer "fiktiven" Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen. Der Ausgleich dieser Anwartschaft erfolge in entsprechender Anwendung des § 1587b Abs. 2 BGB im Wege des Quasi-Splittings durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Hinweis
Der BGH hat mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung fortgesetzt und grenzt deutlich ab, inwieweit Tatbestände, die zwischen Ende der Ehezeit und Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung eingetreten sind, noch bei der Bewertung von Anrechten Berücksichtigung finden.
Auch für das ab 01.09.2009 geltende Versorgungsausgleichsrecht ist die Entscheidung von Bedeutung. Der Gesetzgeber hat dort unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des BGH § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG normiert. Danach ist nunmehr auch im Gesetz verankert, dass Änderungen, die nach Ende der Ehezeit eintreten und die Bewertung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte beeinflussen, zu berücksichtigen sind, soweit die Änderung einen Bezug zur Ehezeit hat. Für den hier vom BGH entschiedenen Fall würde somit auch das ab 01.09.2009 geltende Recht zum selben Ergebnis führen wie das bisher geltende Recht. Der Sachverhalt wäre nicht von § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG erfasst, so dass für die Wertermittlung § 44 Abs. 4 VersAusglG gilt. Der Ausgleich erfolgt danach durch externe Teilung nach § 16 Abs. 2 VersAusglG, in dem Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Lasten der Versorgungsanrechte des Ausgleichspflichtigen begründet werden.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 22.07.2009, XII ZB 191/06