Leitsatz
Die Ehefrau hatte nach dem Stichtag, aber vor der Entscheidung des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich zwei zu ihren Gunsten bestehende und im Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Lebensversicherungen gekündigt und an sich bar auszahlen lassen. Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob diese Versorgungen gleichwohl im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen sind.
Das AG hatte die beiden Lebensversicherungen der Ehefrau nicht mehr im Versorgungsausgleich unmittelbar ausgeglichen, jedoch die aufgelösten Versorgungen im Rahmen seiner Entscheidung nach § 27 VersAusglG im Wege einer Verrechnung mit aufseiten des Ehemannes vorhandenen Anrechten berücksichtigt.
Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit der Beschwerde und beantragte für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Das OLG hat ihren Antrag zurückgewiesen.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Auch das OLG hat die Lebensversicherungen der Ehefrau im Rahmen des Versorgungsausgleichs nicht berücksichtigt, da sie zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits aufgelöst gewesen seien. Hieran ändere auch das Leistungsverbot des § 29 VersAusglG nichts, da jedenfalls eine wirksame Kündigung vorgelegen habe.
Das AG habe jedoch zutreffend die aufgelöste Versorgung im Rahmen seiner Entscheidung nach § 27 VersAusglG im Wege einer Verrechnung mit aufseiten des Antragsgegners vorhandenen Anrechten berücksichtigt. Nach § 27 S. 1 VersAusglG finde ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies sei nach § 27 S. 2 VersAusglG der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigten, von der Halbteilung abzuweichen. Mit § 27 VersAusglG sei ein Auffangtatbestand eingeführt worden, der in Fällen grober Unbilligkeit eine Korrektur ungerecht erscheinender Ergebnisse bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs ermögliche. Der Regelungsbereich dieser Vorschrift betreffe insbesondere versorgungs- oder familienfeindliche Verhaltensweise aufseiten eines Ehegatten. So könne ein völliger oder teilweiser Ausschluss des Ausgleichs veranlasst sein, wenn ein Ehepartner in Bezug auf seine Versorgungsanrechte treuwidrig handele.
In Betracht komme etwa - wie im vorliegenden Fall - die Kündigung privater Vorsorgeverträge, in der Absicht, sie dem Ausgleich zu entziehen. Der Versorgungsausgleich sei dann anhand der korrespondierenden Kapitalwerte so durchzuführen, als stünden dem Manipulierenden die treuwidrig nicht erworbenen oder hingegebenen Versorgungsanrechte zu (OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 917; NK-BGB/Götsche, 2. Aufl. 2010, § 27 VersAusglG Rz. 56 mit Beispiel).
Das OLG hat in seiner Entscheidung auch Erwägungen zur Geringwertigkeit nach § 18 VersAusglG im Hinblick auf die entzogenen Lebensversicherungen angestellt. Da § 18 VersAusglG lediglich eine Sollvorschrift darstelle, bestehe kein zwingender Grund, die betroffenen Versorgungen vom Versorgungsausgleich auszuschließen. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung sah das OLG aufgrund der Tatsache, dass mehrere Lebensversicherungen entzogen worden waren, deren Gesamtkapitalwert wiederum nicht geringfügig gewesen sei, einen Grund, diese nach §§ 10 ff. VersAusglG generell zu teilen und damit als Verrechnungsposition zu berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22.09.2010, 9 UF 98/10