Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage der Einbeziehung von Anrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in den Versorgungsausgleich. Es ging primär darum, ob von dem Antragsgegner während der Ehezeit erworbene Anwartschaften einzubeziehen sind oder deren Ausgleich wegen Unterschreitens der Bagatellgrenze zu unterbleiben hat.
Sachverhalt
Das Familiengericht hatte die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich mit Rücksicht auf die Regelung des § 2 VAÜG ausgesetzt. Nach dem 1.9.2009 hat es das Verfahren wieder aufgenommen und den Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes dahin durchgeführt, dass es auf sein Rentenversicherungskonto im Wege der internen Teilung 1,8131 Entgeltpunkte übertrug. Hingegen hat es den Ausgleich von Anrechten unterlassen, die der Antragsgegner seinerseits in der Ehezeit vom 0,8561 Entgeltpunkten (West) und 0,0655 Entgeltpunkten (Ost) erworben hatte. Dies unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 VersAusglG.
Gegen die Entscheidung des FamG zum Versorgungsausgleich hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, durch die familiengerichtliche Regelung unzumutbar benachteiligt zu sein.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass nach § 18 Abs. 1 VersAusglG das FamG beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen solle, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering sei. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Wie jedoch in § 18 Abs. 2 VersAusglG weiter geregelt, solle das FamG einzelne Anrechte mit einem eigenen Ausgleichswert nicht ausgleichen. Hiervon habe es im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht.
Mit der Sollregelung des § 18 Abs. 2 VersAusglG habe der Gesetzgeber eine Vereinfachung beabsichtigt. Im Übrigen solle nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich einzelner Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert grundsätzlich abgesehen werden. Im Rahmen des vom FamG hierbei eingeräumten Ermessens habe das Gericht anhand des Einzelfalls zu prüfen, ob gleichwohl ein Ausgleich geboten sei. Hierbei komme es somit auf die Versorgungssituation der Ehegatten an. Es sei auch denkbar, dass es dem ausgleichsberechtigten Beteiligten gerade durch einen geringfügigen Ausgleich gelinge, eine eigene Anwartschaft so aufzufüllen, dass hierdurch eine Wartezeit für den Betrag der Rente erfüllt sei.
Eine Teilung könne ausnahmsweise auch dann erforderlich sein, wenn die insgesamt ausgleichsberechtigte Person dringend auf den Wertzuwachs angewiesen sei. Schließlich kämen Fälle in Betracht, bei denen ein Ehegatte über viele kleine Ausgleichswerte verfüge, die in der Summe einen erheblichen Wert darstellten, während der andere Ehegatte nur vergleichsweise geringe Anrechte in der Ehezeit erworben habe.
Insoweit stelle die Antragstellerin einseitig auf ihre eigene zukünftige Versorgungssituation ab, ohne auch diejenige des Antragsgegners zu bedenken. Eine genaue Prüfung und Gegenüberstellung der Anwartschaften ergebe, dass der Antragsgegner auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewiesen sei.
Eine Prognose, wie sich die künftige Versorgungssituation der Beteiligten darstelle, führe ebenfalls zu keinem abweichenden Ergebnis.
Bereits während der Ehezeit habe die Antragstellerin höhere Einkünfte erzielt als der Antragsgegner. Die Versorgungssituation des Antragsgegners werde sich deshalb aus derzeitiger Sicht nicht günstiger gestalten als diejenige aufseiten der Antragstellerin.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.07.2010, 18 UF 72/10