Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der in der Rechtsprechung sehr umstrittenen Behandlung von fondsgebundenen Versorgungen auseinandergesetzt, deren Problematik darin besteht, dass ihr Wert ständig variiert und der für das Ehezeitende angegebene Wert nur eine Momentaufnahme darstellen kann, die möglicherweise in der mündlichen Verhandlung nicht mehr stimmt.
Der BGH hat mit seiner Entscheidung den Versuch unternommen, dieses Problem einer Lösung zuzuführen.
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten über den Versorgungsausgleich.
Beide Ehegatten hatten während der Ehezeit für den Versorgungsausgleich gesetzliche Rentenanrechte erworben. Aufseiten des Ehemannes waren darüber hinaus noch Anrechte aus einer privaten fondsgebundenen Rentenversicherung auszugleichen. Das AG hat die gesetzlichen Anrechte der Eheleute gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Das private Rentenanrecht des Ehemannes hat das erstinstanzliche Gericht trotz Geringfügigkeit i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG extern ausgeglichen, da die Wertgrenze des § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG nicht überschritten war. Zugunsten der Ehefrau hat das AG ein Anrecht i.H.v. 1.172,73 EUR bei der DRV begründet und die Lebensversicherung verpflichtet, diesen Betrag an die DRV Bund zu zahlen.
Das OLG hat die Beschwerde der Lebensversicherung, mit der diese eine externe Teilung der bei ihr begründeten Anrechte im Wege einer Ausgleichsquote begehrte, zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Lebensversicherung, die ohne Erfolg blieb.
Entscheidung
Der BGH bestätigte die Auffassung des OLG, das das Anrecht des Ehemannes bei der Lebensversicherung ausgeglichen hatte, obgleich dieses unter die Bagatellregelung des § 18 Abs. 2, Abs. 3 VersAusglG falle. Die vom OLG vertretene Auffassung wurde auch insoweit bestätigt, als das Anrecht im Wege des externen Ausgleichs auszugleichen sei, weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG erfüllt seien, indem bei einem unter dem Grenzwert liegenden Ausgleichswert ein einseitiges Verlangen des Versorgungsträgers ausgesprochen worden war.
Im Übrigen vertrat der BGH die Auffassung, dass grundsätzlich der Rückkaufswert bei Ehezeitende für die Ehezeitanteilsberechnung maßgebend sei, da den fondsgebundenen Rentenversicherungen kein klassisches Deckungskapital zugrunde liege. Von der Wertermittlung sei nur abzuweichen, wenn der Rentenversicherer eine bestimmte Leistung garantiere.
Der BGH hat weiterhin eine Tenorierung privater fondsgebundener Rentenanrechte in Anteilen oder gar in Prozenten, eine so genannte offene Tenorierung, abgelehnt. Der Ausgleichswert müsse beziffert werden. Das Problem der Vorschrift des § 5 Abs. 2 VersAusglG wurde vom BGH dahingehend gelöst, als das ein durch Fondsschwankungen ausgelöster Wertanstieg nicht zu berücksichtigen sei. Ein Wertverlust sei hingegen mindernd bei der Ehezeitanteilsberechnung in Ansatz zu bringen. Ein Wertanstieg, der einem Wertverlust folge, sei nur insoweit zu berücksichtigen, als er nicht den Wertverlust übersteige. Die nachehezeitlichen Wertveränderungen flössen allerdings nur dann in die Entscheidung ein, wenn sie durch den Tatrichter bis zum Zeitpunkt der Entscheidung zum Versorgungsausgleich zusätzlich aufgeklärte würden.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH ist nicht in jedem Punkt vollständig nachvollziehbar und schon deswegen auf erhebliche Kritik in der Literatur gestoßen.
Für den Praktiker bedeutet die Entscheidung zusätzlichen Prüfungsaufwand: Der Verfahrensbevollmächtigte des Ausgleichsverpflichteten sollte vor dem Zeitpunkt der Entscheidung zum Versorgungsausgleich die Einholung einer Neuauskunft verlangen, da sich nur Wertminderungen zugunsten seines Mandanten auswirken. Der Vertreter des Ausgleichsberechtigten ist im Fall der externen Teilung mit der Frage der korrekten Verzinsung des Ausgleichswertes befasst.
Das Gericht wird zu prüfen haben, ob die Art der (externen) Teilung überhaupt noch eine gleichmäßige Teilhabe gewährleistet.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 29.02.2012, XII ZB 609/10