Leitsatz
Das OLG Dresden hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wie ausgesetzte und vom Verbund abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren nach deren Wiederaufnahme zu behandeln sind.
Sachverhalt
Das AG hatte die Ehe der Parteien geschieden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt. Für die Ehesache war der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und ihr Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden.
Nachdem das FamG das ausgesetzte Verfahren mit Beschluss vom 25.3.2010 wieder aufgenommen hatte, beantragte die Antragsgegnerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Ihr Antrag wurde unter Hinweis darauf zurückgewiesen, die in der Ehesache bereits bewilligte Prozesskostenhilfe erstrecke sich auch auf das ausgesetzte Verfahren über den Versorgungsausgleich und gelte fort.
Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde und vertrat die Auffassung, nach der Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs handele es sich um ein neues, eigenständiges Verfahren.
Das Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Die Beschwerde der Antragsgegnerin führte zur Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Dem stehe die der Antragsgegnerin zuvor in der Ehesache bewilligte Prozesskostenhilfe nicht entgegen. Bei dem jetzt anhängigen Verfahren über den Versorgungsausgleich handele es sich um ein selbständiges Verfahren, auf das sich die vormals bewilligte Prozesskostenhilfe nicht erstrecke.
Dem erstinstanzlichen Gericht sei allerdings zuzugestehen, dass die Frage, ob sich die in der Ehesache bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf das vormals nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzte und nach dem 1.9.2009 wieder aufgenommene Verfahren erstrecke, im Gesetz nicht eindeutig geregelt sei und in der Rechtsprechung hierzu divergierende Auffassungen vertreten würden.
Das OLG Dresden schloss sich der teilweise vertretenen Auffassung an, dass es sich bei wieder aufgenommenen Verfahren über den Versorgungsausgleich der vorliegenden Art um selbständige Familiensache handele, für die ein neuer Verfahrenskostenhilfeantrag gestellt werden müsse. Dies folge aus Art. 11 Abs. 4 S. 2 FGG-RG, wonach "alle vom Verbund abgetrennten ... des Satzes 1" als "selbständige Familiensachen" fortgeführt würden.
Zwar sei in der Tat die Abtrennung nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG i.V.m. § 26 ZPO a.F. nur als "unechte" Abtrennung mit der Folge angesehen, dass es sich bei der abgetrennten Sache weiterhin um eine Folgesache handele. Damit sei auch das hier ausgesetzte Verfahren über den Versorgungsausgleich zunächst als unselbständige Folgesache anzusehen. Dies habe sich jedoch am 1.9.2009 durch die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG geändert.
Diese Vorschrift bestimme, dass auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden seien, jedoch am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt gewesen seien oder nach dem 1.9.2009 abgetrennt wurden, neues Recht anzuwenden sei. Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG regele für dieses Verfahren, das sie als selbständige Familiensache fortgeführt würden. Mit der Verwendung des Begriffs "selbständige Familiensache" habe der Gesetzgeber den Bezug zu § 23 Abs. 2 S. 4 ZPO a.F. hergestellt, indem für den Fall der (echten) Abtrennung bestimmt gewesen sei, dass die Folgesache als selbständige Familiensache fortgeführt werde.
Dies habe nach altem Recht zur Folge gehabt, dass es sich bei der abgetrennten Sache nicht mehr um eine Folgesache gehandelt habe, sondern vielmehr um eine eigenständige Sache, für die gesondert Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt habe werden können.
Damit habe sich der Gesetzgeber offenbar entschlossen, ausgesetzte und abgetrennte Altverfahren so zu behandeln wie vormals abgetrennte Verfahren nach § 623 Abs. 2 ZPO.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 27.08.2010, 24 WF 713/10