Leitsatz
Die Ehe der Parteien war im Jahre 1985 geschieden worden. Als Ehezeit i.S.v. § 1587 Abs. 2 BGB galt die Zeit vom 1.10.1964 bis zum 31.03.1984. Während dieser Zeit hatten beide Eheleute Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann hatte darüber hinaus Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung erworben. Im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich wurden die Anwartschaften beider Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Splitting ausgeglichen. Durch Quasisplitting wurden die Anrechte des Ehemannes auf betriebliche Altersversorgung ausgeglichen, die zum Ende der Ehezeit bereits unverfallbar waren.
Der Ehemann bezog seit dem 1.2.1991 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und seit dem 1.9.2001 Altersrente. Die Ehefrau erhielt ab dem 1.9.2000 eine bis zum 31.12.2002 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ihr Verlängerungsantrag auf Zahlung dieser Rente wurde von der BfA abgelehnt. Hiergegen erhob die Ehefrau Klage, über die zum Zeitpunkt des Verfahrens über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich noch nicht entschieden war. Die Klage vor dem Sozialgericht bezog sich nur auf den Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.12.2003, da die Ehefrau seit dem 1.1.2004 Altersrente bezog.
Die Ehefrau beantragte die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für die Zeit bis zum 31.12.2002 und ab dem 1.1.2004. Ferner beantragte sie, das Verfahren für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2003 bis zur Entscheidung des Sozialgerichts auszusetzen.
Der Ehemann trat diesem Antrag entgegen und vertrat die Auffassung, eventuelle Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung seien im Zusammenhang mit einem im Ehescheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleich über Unterhalt und Zugewinnausgleich abgegolten worden.
Erstinstanzlich wurde der Ehemann verpflichtet, an seine geschiedene Ehefrau ab dem 1.1.2004 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente i.H.v. 568,55 EUR monatlich zu zahlen. Für die Zeit bis zum 31.12.2003 wurde das Verfahren über den schuldrechtlichen Versorgungsgleich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens beim Sozialgericht ausgesetzt.
Gegen den erstinstanzlichen Beschluss zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat die geschiedene Ehefrau Beschwerde eingelegt und die Rechtsmittel damit begründet, das FamG habe ihr zu Unrecht für die Zeit vom 01.03.2001 bis 08.06.2001 keine schuldrechtliche Ausgleichsrente zugebilligt und das Verfahren für die Zeit vom 09.06.2001 bis 31.12.2002 ausgesetzt. In diesem Zeitraum hätten die persönlichen Fälligkeitsvoraussetzungen gem. § 1587g Abs. 1 BGB vorgelegen.
Das Rechtsmittel der geschiedenen Ehefrau hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG beanspruchte die geschiedene Ehefrau zu Recht auch für die Zeit vom 01.03.2001 bis zum 31.12.2002 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente. Ihr Anspruch folge aus § 1587g Abs. 1 BGB, dessen Voraussetzungen für den genannten Zeitraum vorlägen. Dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich seien Rentenanwartschaften vorbehalten, die zum Zeitpunkt der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs noch nicht unverfallbar gewesen seien, wenn inzwischen der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt habe und der ausgleichsberechtigte Ehegatte wegen Krankheit auf nicht absehbare Zeit eine ihm nach Ausbildung und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben könne.
Fraglich sei nur, ob die Ehefrau in dem Zeitraum ab dem 1.03.2001 "auf nicht absehbare Zeit" erwerbsunfähig gewesen sei.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung insoweit sei nicht der Zeitpunkt der Beschlussfassung des FamG oder des OLG. Es gelte vielmehr eine rückschauende Betrachtung nach 6 Monaten auf den Beginn der Erwerbsunfähigkeit. Nach inzwischen einhelliger Meinung sei das Tatbestandsmerkmal "auf nicht absehbare Zeit" im Gleichklang mit der sozialversicherungsrechtlichen Auslegung von § 43 SGB VI zu verstehen. Es müsse dabei rückschauend für die Zeit ab Beginn der Erwerbsunfähigkeit geprüft werden, ob diese vorgelegen habe. Vor Ablauf von 6 Monaten stehe eine Erwerbsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit noch nicht fest. Würden innerhalb der ersten 6 Monate Versicherungsleistungen beantragt, sei der Antrag noch nicht entscheidungsreif. Habe die Erwerbsunfähigkeit sodann 6 Monate angedauert, trete der Leistungsanspruch sofort, somit rückwirkend ab Beginn der Erwerbsunfähigkeit ein.
Dieser Interpretation habe sich die familienrechtliche Literatur angeschlossen (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. A., § 1587g BGB, Rn. 9; MünchKomm/Glockner BGB, 4. A., § 1587g, Rn. 13).
Zur Begründung für die vergleichsweise kurze Frist werde auf die dadurch hergestellte Nähe zur Situation im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen. Eine bei Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente sei zu berücksichtigen unabhängig davon, ob sie ggf. später wieder wegfalle. Nachträgliche Entwicklungen könnten einer spät...