Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung primär mit zwei Problemkreisen auseinandergesetzt. Es ging zum einen um die Beschwerdebefugnis eines berufsständischen Versorgungsträgers und zum anderen um die Kürzung des Versorgungsanrechts des Ausgleichspflichtigen wegen eines von ihm nach Ende der Ehezeit in Anspruch genommenen vorzeitigen Altersruhegeldes.
Sachverhalt
Die Beteiligten hatten im Jahre 1991 geheiratet. Der Scheidungsantrag wurde im September 2009 rechtshängig, die Ehe im Februar 2010 geschieden.
Der Antragsteller erwarb während der Ehezeit vom 01.06.1991 bis zum 31.08.2009 bei einer berufsständischen Versorgungsanstalt für Ärzte eine Anwartschaft auf Altersrente. Seit dem 01.01.2010 bezog er vorgezogenes Altersruhegeld mit einem Abschlag, dessen Berücksichtigung zu einem Ausgleichswert von monatlich 492,80 EUR führte. Auf dieser Grundlage wurde vom Familiengericht die interne Teilung vorgenommen. Ohne den Abschlag für die vorzeitige Inanspruchnahme hätte der Ausgleichswert nach Auskunft der beschwerdeführenden Versorgungsanstalt monatlich 536,23 EUR betragen.
Sowohl das AG als auch das OLG haben den Abschlag berücksichtigt und das entsprechend verminderte Anrecht des Antragstellers als monatlichen Rentenbetrag intern geteilt. Hiergegen richtete sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde des betroffenen Versorgungsträgers.
Entscheidung
Der BGH bejahte die Beschwerdebefugnis des Versorgungsträgers, da die Rechtsbeschwerdeführerin als berufsständische Versorgung des öffentlichen Rechts für ihre Mitglieder eine den Sozialversicherungsträgern vergleichbare Stellung einnehme und zu den Regelsicherungssystemen i.S.d. § 32 VersAusglG gehöre. Für diese sei bereits entschieden, dass es für die Beschwer nicht entscheidend sei, ob das Gericht die übertragenen oder zu begründenden Anwartschaften zu hoch oder zu gering bemessen habe. Die gegenteilige Auffassung lasse deren rechtliches Interesse an einer dem Gesetz entsprechenden Regelung des Versorgungsausgleichs außer Betracht. Im Übrigen lasse sich wegen der Ungewissheit des zukünftigen "Versicherungsverlaufs" regelmäßig nicht feststellen, wie sich die angegriffene Entscheidung im konkreten Fall tatsächlich für den Versorgungsträger auswirken werde (BGH in FamRZ 2009, 853 ff.).
Die Rechtsbeschwerde sei auch begründet. Der Versorgungsabschlag durch den vorzeitigen Ruhestand des Ehemannes nach Ehezeitende dürfe bei der Bewertung seines Anrechts nicht berücksichtigt werden. Für die Bewertung sei nach § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG das Ehezeitende maßgeblich. Die erst nach dem Ehezeitende getroffene individuelle Entscheidung des Ehemannes, seine Versorgung unter Inkaufnahme eines Abschlags vorzeitig in Anspruch zu nehmen, habe keinen Bezug zur Ehezeit und sei damit auch nicht über § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG bei der Bewertung des Anrechts zu berücksichtigen.
Eine Berücksichtigung entspreche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers und widerspreche nicht dem Halbteilungsgrundsatz.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH liefert einen wichtigen Anhaltspunkt für die Beschwerdeberechtigung der Versorgungsträger nach § 59 FamFG.
Nicht recht nachvollziehbar ist, weswegen der BGH insoweit eine Parallele zwischen der betroffenen Versorgung und den Regelversicherungssystemen i.S.d. § 32 VersAusglG bemüht, da das ausschlaggebende Argument, dass die Versorgungsträger ein rechtliches Interesse an einer dem Gesetz entsprechenden Regelung des Versorgungsausgleichssystems haben, insbesondere auch für nicht unter § 32 VersAusglG fallende Versorgungsträger gilt.
Erfreulich klar hingegen sind die Ausführungen des BGH zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs zwischen § 5 Abs. 2 S. 1 und S. 2 VersAusglG. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Weg zukünftig auch dann beibehalten wird, wenn es um den - nicht vorzeitigen - Bezug von Versorgungen nach Ende der Ehezeit bis zur Entscheidung geht.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 07.03.2012, XII ZB 599/10