OFD Magdeburg, Verfügung v. 17.11.2005, S 0202 - 5 - St 251
1. Allgemeines
Ein Beteiligter kann sich im Verwaltungsverfahren in Steuersachen durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 AO). Er kann dem Bevollmächtigten auch die Befugnis einräumen, Untervollmacht(en) zu erteilen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt; sie ermächtigt nicht zum Empfang von Steuererstattungen und Steuervergütungen (§ 80 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen (§ 80 Abs. 1 Satz 3 AO). Nach der Regelung im AEAO zu § 80 Nr. 1 soll die Finanzbehörde den schriftlichen Nachweis einer Vollmacht nur verlangen, wenn begründete Zweifel an der Vertretungsmacht bestehen; bei Angehörigen der steuerberatenden Berufe, die für den Steuerpflichtigen handeln, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet.
2. Vertretung durch juristische Personen des Zivilrechts
Die Fähigkeit zur Vertretung des Beteiligten im Besteuerungsverfahren gemäß § 80 AO besitzen auch Steuerberatungsgesellschaften in der Rechtsform einer juristischen Person des Zivilrechts (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.1991, X R 107/90, BStBl 1991 II S. 524). Sie sind gemäß § 3 Nr. 3 StBerG zur unbeschränkten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
Für die Steuerberatungsgesellschaft kommen nach der abschließenden Aufzählung in § 49 Abs. 1 StBerG als Organisationsformen u.a. die Aktiengesellschaft (AG) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in Betracht.
Juristische Personen haben selbst keine natürliche Handlungsfähigkeit, sondern handeln kraft Gesetzes durch ihre Organe (AG: Vorstand, § 78 AktG) oder gesetzlichen Vertreter (GmbH: Geschäftsführer, § 35 GmbHG) und durch die von diesen beauftragten natürlichen Personen, derer sie sich zur Erfüllung ihrer Vertreteraufgaben im Verwaltungsverfahren bedienen können.
3. Eigenverantwortlichkeit und Zeichnungsberechtigung in einer Steuerberatungsgesellschaft
Die für die Berufsausübung des Steuerberaters typische Eigenverantwortlichkeit (§§ 57 Abs. 1, 60 StBerG) spiegelt sich auch in der Vertretung der Gesellschaft nach außen durch die Zeichnungsberechtigung wider. Eine Vertretungsbefugnis kann erteilt werden in Form von Alleinvertretungsbefugnis, Einzelvertretungsbefugnis, Prokura oder Handlungsvollmacht, wobei § 57 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) den Steuerberatungsgesellschaften Grenzen setzt.
Eine Steuerberatungsgesellschaft wird gemäß § 57 Abs. 3 BOStB vertreten durch
- einen zur Alleinvertretung oder zur Einzelvertretung berechtigten Steuerberater,
- mehrere zur gemeinschaftlichen Vertretung berechtigte Steuerberater oder
- einen Steuerberater mit dem Recht zur gemeinschaftlichen Vertretung mit einem Vorstandsmitglied, einem Geschäftsführer oder einem persönlich haftenden Gesellschafter, der nicht Steuerberater ist. In diesem Fall muss im Innenverhältnis sichergestellt werden, dass bei der Willensbildung innerhalb der Geschäftsführung die Stimmen der Steuerberater ausschlaggebend sind.
Andere Personen als Steuerberater dürfen eine Steuerberatungsgesellschaft nicht allein vertreten. Haben andere Personen als Steuerberater Einzelvertretungsbefugnis, muss deren Geschäftsführungsbefugnis durch Regelungen im Innenverhältnis so beschränkt sein, dass die verantwortliche Führung durch Steuerberater gewährleistet ist (§ 57 Abs. 4 BOStB).
Prokura oder Generalvollmacht darf grundsätzlich nur Personen i.S. des § 50 Abs. 2 StBerG erteilt werden (§ 57 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 BOStB). Erfasst werden damit Steuerberater, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Steuerbevollmächtigte.
Wird in Ausnahmefällen anderen Personen Prokura oder Handlungsvollmacht erteilt, muss im Innenverhältnis eine Vertretung in Steuersachen ausgeschlossen sein; im Übrigen ist eine Gesamtvertretung nur zusammen mit einem Steuerberater zulässig (§ 57 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 BOStB). Eine Handlungsvollmacht zur Hilfeleistung in Steuersachen darf nur den in § 3 StBerG genannten natürlichen Personen (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer etc.) erteilt werden (§ 57 Abs. 6 Satz 2 BOStB).
§ 60 StBerG zielt auch auf das Vertretungsrecht von Vertretern bzw. Angestellten ab. Einem angestellten Steuerberater muss als Grundvoraussetzung einer eigenverantwortlichen Berufsausübung das Recht der Zeichnung zur Hilfeleistung in Steuersachen eingeräumt sein. Der Steuerberater ist grundsätzlich zur höchstpersönlichen Leistung verpflichtet. Gewisse begrenzte Möglichkeiten der Delegation, z.B. die vorbereitende Auftragserledigung, stehen der Eigenverantwortlichkeit jedoch nicht entgegen. Angestellten Gehilfen darf jedoch kein allgemeines und erst recht kein alleiniges Vertretungs- und Zeichnungsrecht eingeräumt...