Leitsatz

Der Verwaltervertrag entfaltet Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer, sodass diesen im Fall der Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Verwalter und eines dadurch verursachten unmittelbaren Schadens ein eigener Schadensersatzanspruch erwachsen kann.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG

 

Das Problem

  1. K ist Eigentümer eines im Erdgeschoss gelegenen Sondereigentums. Seinem Sondereigentum vorgelagert ist eine Terrasse, an der K ein Sondernutzungsrecht hat. B ist der Verwalter. K nimmt B auf Wiederherstellung (Neuanpflanzung) einer Hecke in Anspruch, die sich ursprünglich zwischen der Terrasse der angrenzenden Gemeinschaftsfläche befand und deren Beseitigung B eigenmächtig veranlasste.
  2. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Vertragliche Ansprüche bestünden nicht. Sofern es – wie im Fall – um Ersatzansprüche gehe, bei denen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Wahlrecht zustehe, müsse dieses ausgeübt werden. Erst anschließend könne die Gemeinschaft einzelne Eigentümer ermächtigen, Ansprüche klageweise geltend zu machen. Auch gesetzliche Ansprüche gemäß §§ 1004, 823 BGB seien nicht gegeben. Da es nicht um Schäden am Sondereigentum gehe, sondern das gemeinschaftliche Eigentum betroffen sei, bestehe eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese müsse entscheiden, in welcher Weise ein Ersatzanspruch durchgesetzt werden solle und ob Naturalrestitution oder Geldersatz verlangt werden solle. Gegen dieses Urteil geht K im Wege der Berufung vor.
 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des K gegen B gemäß §§ 249, 280 BGB wegen schuldhafter Verletzung des Verwaltervertrags bestehe nicht. Für Ansprüche, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus dem von ihr geschlossenen Verwaltervertrag zustehen, sei diese selbst prozessführungsbefugt. Sie, die Gemeinschaft, übe nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus.
  2. Allerdings entfalte der Verwaltervertrag Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer, sodass diesen im Fall der Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Verwalter und eines dadurch verursachten unmittelbaren Schadens ein eigener Schadensersatzanspruch erwachsen könne. Einen solchen eigenen Schaden mache K aber nicht geltend. Unstreitig wurde nicht etwa dessen Sondereigentum beschädigt. Die Hecke, deren Beseitigung B veranlasste und deren Neuanpflanzung K begehrt, habe sich unstreitig im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befunden.
  3. K könne gegen B auch keinen Anspruch gemäß § 1004 BGB geltend machen. K mache nämlich nicht nur einen reinen Abwehranspruch geltend, sondern begehre Wiederherstellung des vorherigen Zustands. Dieser Anspruch stehe den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu, denn er richte sich der Sache nach auf Schadensersatz in Form der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB (Hinweis auf BGH v. 7.2.2014, V ZR 25/13, NJW 2014 S. 1090 Rn. 17). Auch wenn dieser Anspruch in Konkurrenz zu einem Anspruch aus § 1004 BGB treten könne, seien derartige Schadensersatzansprüche insgesamt als gemeinschaftsbezogene Rechte im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG anzusehen, schon weil die Wahl zwischen Naturalrestitution und Geldersatz gemeinschaftlich getroffen werden müsse (Hinweis auf BGH v. 7.2.2014, V ZR 25/13, NJW 2014 S. 1090 Rn. 17).
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Der Verwaltervertrag wird zwischen dem Verwalter und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossen. Verletzt der Verwalter seine Pflichten aus dem Verwaltervertrag, ist unmittelbar die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet. Soweit das Landgericht insoweit § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG zitiert, irrt es daher.
  2. Verletzt der Verwalter seine Pflichten, ist zu unterscheiden:

    • Die Pflicht kann eine Amtspflicht gewesen sein. Dann schuldet der Verwalter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, aber auch den Wohnungseigentümern unmittelbar Schadensersatz.
    • Die Pflicht kann – ausnahmsweise – eine rein vertragliche sein. Dann schuldet der Verwalter bei einer Pflichtverletzung jedenfalls seinem Vertragspartner, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Schadensersatz. Ob auch ein Wohnungseigentümer Schadensersatz verlangen kann, richtet zum einen danach aus, ob der Verwaltervertrag ein Vertrag zugunsten der Wohnungseigentümer ist oder nur bloßer Vertrag mit Schutzwirkungen für diese.
    • Ferner muss man schauen, wer den Schaden erlitten hat. Ist der Schaden im Sondereigentum eingetreten oder ist der Wohnungseigentümer als Sondereigentümer geschädigt, kann er allein gegen den Verwalter vorgehen. Ist das gemeinschaftliche Eigentum betroffen, muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Ansprüche ausüben.

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