Leitsatz
Ein Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter wegen positiver Vertrags- verletzung kann sich dann ergeben, wenn der Verwalter trotz mangelhafter Leistung eines Werkunternehmers die Rechnung bezahlt, ohne Mängelrügen zu erheben oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.
Sachverhalt
Anläßlich der Sanierung von Teilen des Gemeinschaftseigentums einer Wohnanlage beauftragte der Verwalter eine Firma unter anderem mit dem Verlegen eines neuen Teppichbodens. Besagter Teppichboden wurde angeliefert und bis zur Verlegung durch diese Firma im Bereich der Wohnanlage zwischengelagert. In der Folgezeit kamen Teile des Verlegematerials abhanden, woraufhin es zur Nachlieferung gegen gesonderte Berechnung kam. Der Verwalter der Wohnanlage beglich auch anstandslos den geforderten Betrag, wogegen sich nun die Eigentümer wenden und den vom Verwalter zuviel gezahlten Betrag im Wege des Schadensersatzes von diesem zurückfordern.
Entscheidung
Der Anspruch der Wohnungseigentümer besteht. Sicherlich mag sich der Verwalter in diesem Fall gesagt haben, der Verlust des Verlegematerials gehe vorliegend auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft, da dies ja schließlich in einem Gemeinschaftsraum der Wohnanlage gelagert worden sei und somit im Verantwortungsbereich der Wohnungseigentümer gelegen habe.
Dem war aber nicht so. Und das liegt an den Eigenheiten des zwischen der Verlegefirma und der Wohnungseigentümergemeinschaft in Vertretung durch den Verwalter geschlossenen Vertrages. Dabei handelte es sich um einen Werklieferungsvertrag. Ohne nun auf Details dieses Vertragstypus eingehen zu wollen, ist jedoch anzumerken, daß die Gefahr des Untergangs des Verlegematerials bis zur Abnahme der Arbeiten durch die Eigentümergemeinschaft bei der Verlegefirma verblieb. Mit anderen Worten war nicht die Eigentümergemeinschaft für den Verlust des Materials verantwortlich, sondern die Verlegefirma. Das leuchtet auch ein, denn schließlich schuldete diese ja nicht nur die Anlieferung des Teppichbodens, sondern auch dessen Verlegung. Daß diese nicht zeitgleich mit der Anlieferung vorgenommen wurde, konnte ja der Eigentümergemeinschaft nicht angelastet werden.
Das hätte der Verwalter aber wissen müssen. Zumindest hätten diesem Zweifel kommen müssen, ob das abhanden gekommene Material noch einmal bezahlt werden müßte.
Grundsätzlich muß der Verwalter zur Abwendung von Nachteilen für die Gemeinschaft gegebenenfalls Mängelrügen erheben oder Zurückbehaltungsrechte gegenüber mangelhafter Leistungen geltend machen. Dies gilt nicht nur dann, wenn es sich um qualitative Mängel der Unternehmerleistung handelt, sondern auch, wenn mengenmäßig - aufgrund welcher Umstände auch immer - zuviel oder zuwenig geliefert wurde.
Unternimmt der Verwalter jedoch nichts und macht keine Rechte geltend, so kann er sich durch Pflichtverletzung des Verwaltervertrages gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft schadensersatzpflichtig machen. In diesem Zusammenhang spricht man dann von einer positiven Vertragsverletzung. Diese ist gesetzlich nicht geregelt und umfaßt alle Fälle der Schlechtleistung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses, soweit diese nicht gesetzlich geregelt sind. Im vorliegenden Fall nun liegt die Schlechtleistung des Verwalters darin, ungeprüft und unreflektiert die Rechnung bezahlt zu haben. Eine Schadensersatzpflicht tritt zwar nur dann ein, wenn diese Pflichtverletzung verschuldet ist, hierfür genügt jedoch bereits Fahrlässigkeit.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.03.1997, 3 Wx 186/95
Fazit:
Generell wird man von einem Verwalter nicht verlangen können, sich genauestens mit zivilrechtlichen Verträgen auszukennen. Dann jedoch, wenn im Rahmen der Vertragsausführung Schwierigkeiten auftreten, ist er wenigstens gehalten, die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen. Denn Wesen des Verwaltervertrages ist es, die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft bestmöglich zu vertreten. Soweit in diesem Zusammenhang vergütungspflichtige Verträge im Namen der Wohnungseigentümer abgeschlossen und durchgeführt werden, ist seitens des Verwalters darauf zu achten, daß hierdurch den Wohnungseigentümern keine Nachteile entstehen.
In Fällen wie diesem ist dem Verwalter dringend anzuraten, vor Begleichung der Rechnung die Wohnungseigentümer über unvorhergesehene Abweichungen bei der Vertragserfüllung zu unterrichten, mit dem Ziel deren Entscheidung herbeizuführen.