1 Leitsatz
Die Verwaltung ist nicht verpflichtet, einzelnen Wohnungseigentümern eine Auskunft zu erteilen.
2 Normenkette
§ 18 Abs. 4 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K verlangt vom Verwalter B eine Auskunft. Da B diese nicht erteilt, klagt K auf Auskunft.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Ein Wohnungseigentümer habe gegen die Verwaltung keinen Anspruch auf Auskunft. Nur "die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Gesamtheit" könne von der Verwaltung Auskunft über die Verwaltungshandlungen verlangen. Parteien des Verwaltervertrags seien der Verwalter und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Verwalter sei aufgrund des Verwaltervertrags gem. §§ 675, 666 BGB verpflichtet, auf Verlangen jederzeit Auskunft über den Stand seiner Verwaltungshandlungen zu erteilen – aber nur gegenüber der Gemeinschaft als Vertragspartnerin (Hinweis auf OLG Hamm, Beschluss v. 29.10.1987, 15 W 200/87 und OLG Karlsruhe, Beschluss v. 5.12.2002, 11 Wx 6/02, ZMR 2003 S. 290).
Ein Wohnungseigentümer habe zwar einen Anspruch auf Auskunft zur Jahresabrechnung gem. §§ 675, 666 BGB in Verbindung mit dem Verwaltervertrag (Hinweis auf BGH, Urteil v. 11.2.2011, V ZR 66/10, Rn. 14; LG Konstanz, Beschluss v. 9.1.2008, 62 T 134/07, NJW 2008 S. 593). Diese Auskunft könne er aber nur in der Versammlung verlangen (BGH, Urteil v. 11.2.2011, V ZR 66/10, Rn. 14). Nur wenn die Wohnungseigentümer in der Versammlung von ihrem Auskunftsrecht keinen Gebrauch machten, stehe der Anspruch wieder den Wohnungseigentümern individuell zu (BGH, Urteil v. 11.2.2011, V ZR 66/10, Rn. 14). Eine Ausnahme gelte dann, wenn es sich um eine Angelegenheit handele, die einen Wohnungseigentümer individuell betreffe. In diesem Fall bestehe nicht die Gefahr, dass dieselbe Auskunft mehrfach erteilt werden müsse (Hinweis auf BGH, Urteil v. 11.2.2011, V ZR 66/10, Rn. 14). Dies sei hier nicht der Fall.
5 Hinweis
Problemüberblick
Eigentlich ist der Fall einfach zu lösen. Selbst wenn eine Auskunft geschuldet war, hätte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer diese erteilen müssen. Im aktuellen Recht ist der Verwalter nur noch Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies übersieht das AG. Man kann aber fragen, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Auskunft schuldet.
Auskünfte der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist m. E. entsprechend § 18 Abs. 4 WEG bzw. analog § 51a Abs. 1 GmbH verpflichtet, einem Wohnungseigentümer umfassend in Bezug auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Auskunft zu erteilen. Nach einer engeren Ansicht setzt dieser Auskunftsanspruch voraus, dass der Anspruchsteller die gewünschten Informationen nicht bereits im Weg des Einsichtsrechts erlangen kann (LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 27.7.2021, 2-13 S 120/20, NZM 2021 S. 809 Rn. 11). Diese Ansicht zeigt auf, dass auch das Auskunftsrecht selbstverständlich dem Willkürverbot unterliegt. Ihr ist aber im Übrigen nicht zu folgen. Jedenfalls setzen § 29 Abs. 2 und Art. 15 DSGVO ihr deutliche Grenzen. Ferner kann jeder Verwaltungsbeirat Auskunft verlangen, weil er den Verwalter nach § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG zu überwachen hat.
Anders als bei dem Einsichtsrecht, soll es sich nach bisherigem Denken "in erster Linie" allerdings nicht um einen individuellen Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers handeln, sondern um einen allen Wohnungseigentümern als unteilbare Leistung zustehenden Anspruch. Daher könne der einzelne Wohnungseigentümer die Auskunft grundsätzlich nur in der Versammlung der Wohnungseigentümer verlangen. Machten die Wohnungseigentümer von ihrem Auskunftsrecht allerdings keinen Gebrauch, stehe der Auskunftsanspruch jedem einzelnen Wohnungseigentümer zu. Außerdem bestehe ein Individualanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers dann, wenn sich das Auskunftsverlangen auf Angelegenheiten beziehe, die ausschließlich ihn beträfen. Diese Sichtweise überzeugt aber nicht (mehr). Die Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer besteht gegenüber jedem Wohnungseigentümer individuell. Jeder Wohnungseigentümer kann daher individuell zu sämtlichen Fragen Auskunft verlangen und dies nicht nur in der Versammlung.
6 Entscheidung
AG Remscheid, Urteil v. 24.11.2021, 8a C 97/21