Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Zu Recht verneinte Zustimmung zur Veräußerung der Wohnung an eine Lebensgefährtin des Veräußerers, die in der Vergangenheit bereits den Hausfrieden in der Gemeinschaft mehrfach ganz erheblich gestört hat
Normenkette
(§ 12 Abs. 1, 2 WEG sowie § 43 Abs. 4 WEG)
Kommentar
1. Ein wichtiger Grund (unbestimmter und auslegungsfähiger Begriff) im Sinne des § 12 WEG, die Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums zu versagen, kann entgegen der Ansicht des LG bereits dann vorliegen, wenn (wie hier) eine Lebensgefährtin des Veräußerers die Wohnung erwerben soll, die in der Vergangenheit allerdings bereits durch provozierendes, beleidigendes und lärmendes Verhalten immer wieder für Streit mit anderen Eigentümern gesorgt und sogar ausgesprochene Hausverbote missachtet hat.
Insoweit liegen gewichtige Gründe in der Person der Erwerberin vor, die befürchten lassen, sie werde die Rechte der übrigen Eigentümer nicht beachten (vgl. BayObLG, WM 1995S 328, 329; NJW-RR 1999 S. 452,453)
2. Parallelen zu den Anforderungen für die Entziehung eines Wohnungseigentums nach § 18 WEG können bei Fragen der Auslegung des wichtigen Grundes für eine Zustimmungsverweigerung zur Veräußerung nicht uneingeschränkt gezogen werden. Die Voraussetzungen für die Versagung der Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums sind geringer anzusetzen als die für die Entziehung von Wohnungseigentum nach § 18 WEG. Entziehung ist ein Eingriff in das durch Art. 14 FGG geschützte Eigentum und deshalb nur zulässig, wenn der betroffene Wohnungseigentümer schuldhaft und gröblich Verpflichtungen verletzt hat, die ihm den anderen Eigentümern gegenüber obliegen. Die Versagung zur Zustimmung zur Veräußerung ist demgegenüber eine relativ geringfügige Einschränkung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsfreiheit des Eigentümers, weil mit einer Zustimmungsverweigerung nur die Veräußerung an einen bestimmten Erwerber, nicht aber die Veräußerung im Allgemeinen verhindert wird. Damit sind auch unterschiedliche Anforderungen zu beiden Fallkonstellationen zu stellen.
Es macht auch einen erheblichen Unterschied, ob es sich um einen Wohnungseigentümer oder um einen Mieter oder Lebenspartner eines Eigentümers handelt; ein Eigentümer kann nur über § 18 WEG dazu gebracht werden, dass er die Wohnanlage verlässt. Ein störender Mieter kann demgegenüber zum Auszug gezwungen werden, wenn die übrigen Eigentümer den Vermieter über § 14 Nr. 2 WEG zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses gem. § 543 Abs. 1 BGB n.F. verpflichten. Gegen einen störenden Lebenspartner können die übrigen Eigentümer ein Hausverbot beschließen und gegen den Eigentümer ebenfalls über § 14 Nr. 2 WEG vorgehen. Vorliegend war auch die ins Auge gefasste Erwerberin nicht bereits Eigentümerin einer anderen Wohnung in derselben Wohnanlage.
3. Die Beweisaufnahme durch das AG hat Tatsachen ergeben, welche die Annahme rechtfertigen, dass sich die Erwerbsinteressentin nicht entsprechend in die Hausgemeinschaft einfügen, vielmehr die Rechte der anderen Eigentümer missachten werde. Bereits in der Vergangenheit wurden von ihr andere Bewohner provoziert, beleidigt und belästigt. Dies zeige sich etwa darin, dass sich die Kinder nicht mehr ohne Begleitung an der Wohnungstüre des Antragstellers vorbeizugehen trauten, weil dahinter die Erwerbsinteressentin lauere, um sie durch plötzliches Öffnen und lautes Zuschlagen der Wohnungstüre zu erschrecken. Weiterhin habe sie Eigentümer beim Schneeräumen gestört und behindert, sowie ein verhängtes Hausverbot in keinster Weise beachtet; vor dem AG habe sie sich auch geäußert, dass sie "aufs Ganze" gehen werde, wenn die Gemeinschaft ihren Wohnungserwerb ablehnen sollte. Hinzu kämen noch erhebliche Ruhestörungen durch diese Frau. Alle Eigentümer hätten - hier zu Recht - befürwortet, die Veräußerungszustimmung zu versagen.
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung angesichts der unterschiedlichen Vorentscheidungen bei Geschäftswert II. und III. Instanz von DM 18.263,- (etwa 20 %-iger Wert der Gegenleistungen)
Link zur Entscheidung
(BayObLG, Beschluss vom 31.10.2001, 2Z BR 37/01)