[13] "… II. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg …"
[16] 1. Das Erstgericht hat sich zutreffend die Überzeugung gebildet, dass die im Bekl.-Lkw installierte Dashcam so konfiguriert war, dass sie nur bei starker Erschütterung ein insgesamt 30 Sekunden langes Aufzeichnungssegment aus dem Zwischenspeicher dauerhaft auf die eingesetzte SD-Karte speichert, jedoch keine permanente Aufzeichnungsspeicherung erfolgt. Diese Feststellung konnte das LG aufgrund der Aussage des Zeugen F. treffen, an deren Glaubhaftigkeit auch der Senat keine Zweifel hat. …
[23] d) Das Erstgericht war auch nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Programmierung der SD-Karte einzuholen.
[24] Zunächst ist festzustellen, dass der Kl. entgegen seinem Vorbringen in der Berufungsbegründung einen gegenbeweislichen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser konkreten Beweisfrage nicht gestellt hat. Er hat vielmehr lediglich geltend gemacht, eine Beweisaufnahme hierzu habe insgesamt zu unterbleiben. …
[25] Auch von Amts wegen musste das Erstgericht kein Sachverständigengutachten einholen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO stebt im Ermessen des Gerichts (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 144 Rn 2). Hier hat das LG die von den Bekl. vorgetragene Behauptung einer anlassbezogenen, nicht permanenten Aufzeichnung durch die Aussage des Zeugen F. als erwiesen angesehen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der gleichen Beweisfrage von Amts wegen war daher nicht veranlasst.
[26] Nur am Rande sei ergänzt, dass die weitere Beweiserhebung dazu auch deshalb entbehrlich gewesen wäre, weil es für die Verwertbarkeit im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, wie lang der Aufzeichnungszeitraum vor dem Unfall über die vom LG festgestellte Dauer hinaus war (dazu näher unten 2 b cc (2)).
[27] 2. Die Aufzeichnung der im Lkw der Bekl. zu 1 an der Frontscheibe installierten Dashcam ist verwertbar. Sie konnte daher Gegenstand einer Inaugenscheinnahme nach § 371 BGB und Grundlage des Sachverständigengutachtens sein. Auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts in seinem Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen.
[28] Für den Senat sind die nachstehenden Überlegungen maßgeblich:
[29] a) Beweisverwertungsverbote sind in der Zivilprozessordnung nicht ausdrücklich normiert. Ein Verstoß gegen ein Verbot der Beweisbeschaffung oder -erhebung hindert nicht stets deren Verwertung, sondern nur nach Maßgabe der verletzten Norm und ihres Schutzzwecks (Musielak/Volt, ZPO, 14. Aufl., § 286 Rn 6). Die Gerichte sind nach § 286 ZPO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt und die von Ihnen angebotenen Beweise vollständig zu berücksichtigen. Dabei kommt der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und deren Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung als wichtigen Belang des Gemeinwohls erhebliches, aber nicht ausschlaggebendes Gewicht zu. Über die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die unter Verstoß gegen gesetzliche Normen gewonnen wurden, ist daher stets aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden (BGH, Urt. v. 27.1.1994 – I ZR 326/91, juris Rn 61). Für die Zulässigkeit der Verwertung von rechtswidrig beschafften Beweisen kommt es im Zivilprozess vor allem auch auf die Bedeutung des Beweismittels für die Rechtsverwirklichung einer Partei an, ein (stets gegebenes) schlichtes Beweisinteresse reicht nicht (BVerfG NJW 2002, 3619, juris Rn 62–64; BGHZ 27, 284, 290>; BGH, NJW 1982, S. 277; NJW 1988, S. 1016, 1018; jeweils für den Schutz des gesprochenen Worts am Telefon vor unerlaubtem Mithören oder Mitschneiden; Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, ZPO, § 286 Rn 15a).
[30] Die Behauptung des Kl., “nach der gängigen Rechtsprechung‘ sei die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen “unzulässig bzw. unverwertbar‘, findet bei Recherche der hierzu veröffentlichten Rechtsprechung keine Stütze. Zur Frage, inwieweit die Erstellung von Aufzeichnungen mittels einer Dashcam (oder auch on-board-Kamera genannt) und insbesondere deren Verwertung für Beweiszwecke im Zivilprozess bei Verkehrsunfällen zulässig ist, sind bislang – zumindest in veröffentlichter Form – soweit ersichtlich nur Entscheidungen von AGs und LGs ergangen. Diese bejahen die Verwertbarkeit mehrheitlich (LG Frankenthal MDR 2016, 791; LG Traunstein ZD 2017, 239; LG München ZD 2017, 36; AG Nürnberg MDR 2015, 977; AG München DAR 2016, 275; ebenso wohl das OLG München im Rahmen der Erörterung des schließlich mit Vergleich beendeten Verfahrens 10 U 795/12, Nachweis bei Greger, NZV 2015, 114, 116 Fn 23). Der Senat hat nur zwei gerichtliche Entscheidungen finden können, die die Verwertbarkeit verneinen (LG Heilbronn NJW-RR 2015, 1019, dort bei einem Kleinschaden mit 820 EUR Streitwert, bei Annahme einer dauerhaften anlasslosen Aufzeichnung und Speicherung, sowie AG München zfs 2014, 692; beide genannten Entscheidungen ...