Leitsatz

Hat der Vermieter einen Zahlungsrückstand zunächst längere Zeit hingenommen, so ist das Recht zur fristlosen Kündigung wegen dieses Rückstands nicht verwirkt, wenn sich der Rückstand in der Folgezeit weiter vergrößert.

 

Normenkette

BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3

 

Kommentar

In dem Entscheidungsfall war ein Gebäude zum Betrieb eines Wohnheims für betreutes Wohnen vermietet. Nach den Vereinbarungen des Mietvertrags hatte der Mieter neben der Miete auch die Mehrwertsteuer zu zahlen. In der Folgezeit hat der Mieter die (unzutreffende) Ansicht vertreten, dass die Option des Vermieters zur Mehrwertsteuer umsatzsteuerrechtlich nicht zulässig sei. Ab November 1996 hat der Mieter keine Mehrwertsteuer bezahlt. Der Vermieter hat dem widersprochen und den Mieter mehrmals zur Zahlung der vereinbarten Miete aufgefordert. Mit Schreiben vom 8.7.1999 hat der Vermieter mitgeteilt, dass zwischenzeitlich ein Rückstand vorliege, der die fristlose Kündigung rechtfertige. Er hat den Mieter nochmals zur Zahlung aufgefordert und für den Fall der Nichtzahlung die Kündigung angedroht. Der Mieter hat nicht gezahlt. Der Vermieter hat das Mietverhältnis daraufhin fristlos gekündigt und Räumungsklage erhoben.

Das Oberlandesgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Der Vermieter habe sein Recht zur Kündigung verwirkt, weil er dieses Recht lange Zeit nicht ausgeübt und das Zahlungsverhalten des Mieters fast drei Jahre lang hingenommen habe.

Der BGH teilt diese Ansicht nicht: Verwirkung kann vorliegen, wenn der Mieter aus dem Verhalten des Vermieters den Schluss ziehen darf, dass dieser den Zahlungsrückstand nicht zum Anlass einer Kündigung nehmen werde. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn der Vermieter dem Zahlungsverhalten des Mieters widerspricht und – wie hier – für den Fall der Nichtzahlung eine Kündigung androht. Hat der Vermieter einen Zahlungsrückstand längere Zeit hingenommen, so ist das Kündigungsrecht wegen dieses Rückstands gleichwohl nicht verwirkt, wenn sich der Rückstand infolge des fortdauernden vertragswidrigen Verhaltens des Mieters weiter vergrößert.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 15.06.2005, XII ZR 291/01

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