Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Schadenersatzanspruch des Käufers wegen Nichterfüllung
Normenkette
§ 635 BGB
Kommentar
1. Gerät der Bauträger mit seiner Verpflichtung zur Fertigstellung der Eigentumswohnung schuldhaft in Verzug, kann ein Ersterwerber wahlweise den Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung geltend machen oder vom Vertrag zurücktreten. Dieses Wahlrecht kann auch im Formular-Erwerbsvertrag nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Wird nur der Rücktritt vom Vertrag erklärt, schließt dies weitergehende Schadenersatzansprüche aus.
2. Erklärt ein Ersterwerber - was zu empfehlen ist - , den großen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, umfasst dieser in der Regel auch die Rückabwicklung des Vertrags; in diesem Fall kann der Erwerber auch Ersatz aller Leistungen und Aufwendungen beanspruchen, die er im Hinblick auf die Gültigkeit des Vertrags vorgenommen hat; er kann also auch Ersatz der angefallenen Notarkosten, der Kosten für die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch und auch die Kosten für Kaufpreisfinanzierungs-Darlehen (also gezahlte Zinsen, Darlehensbearbeitungskosten und evtl. Vorfälligkeitsgebühren) fordern. Er ist dann so zu stellen, als wenn der Bauträger-Verkäufer ordnungsgemäß erfüllt hätte. Als Mindestschaden sind alle für den Vertrag getätigten und nutzlos gewordenen Aufwendungen zu ersetzen.
Die Grunderwerbsteuer muss in diesem Fall dem Erwerber vom Finanzamt gem. § 16 GrEStG zurückerstattet werden (insoweit kann also ein Schaden nachträglich entfallen).
3. Im vorliegenden Fall erhielt der Erwerber trotz missverständlicher Erklärung seines Anwalts in II. Instanz vor dem OLG Recht und seine fehlgeschlagenen Aufwendungen in voller Höhe ersetzt.
Link zur Entscheidung
( OLG Nürnberg, Urteil vom 23.10.1997, 13 U 2100/97; Revision wurde vom BGH, mit Beschluss vom 28.10.1999, VII ZR 4/98nicht angenommen, IBR Immobilien- und Baurecht 1/2000, mit Anmerkung Basty)
zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel
Anmerkung:
Basty weist zu Recht darauf hin, dass Voraussetzung für solche Ansprüche eines Ersterwerbers schuldhafter Verzug des Bauträgers sei, also die Überschreitung eines vereinbarten Fertigstellungstermins (wobei z.B. Bauzeitverzögerungen wegen eines "strengen Winters" nicht ohne Weiteres anerkannt werden müssten, da mit Winterunterbrechungen beim Bau stets zu rechnen sei). Unter Berücksichtigung der Bestimmungen des AGB-Gesetzes seien auch formelhafte Vertragsklauseln rechtlich problematisch, welche unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Fertigstellung vorsähen; ein Käuferschutz verlange in der Regel präzise Termine; diese sollten bauträgerseits so großzügig kalkuliert werden, dass auch etwaige Verzögerungen im Bauablauf aufgefangen werden könnten; empfehlenswert seien auch Regelungen, die zwischen bezugsfertiger und vollständiger Fertigstellung differenzierten.